Verhalen — Erzählungen

VERHALEN — ERZÄHLUNGEN

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DAS SCHWEIN

 

Es ist besser ein fröhlicher Mitbürger zu sein, als sich ständig irgendeinem Glauben oder einer Illusion hinzugeben; ohnedies ist die Intimität des Menschen gezwungenermaßen sein letzter Zufluchtsort. Und wenn ein 16. jähriger Schüler während des Unterrichts im Beisein aller Klassenkameraden mit einer 9 mm Browning seinen Mathematiklehrer erschießt, nur weil dieser seit einigen Wochen dessen erste große Liebe vögelt, dann sollte sich jener Schüler aus Scham und Kummer aufhängen oder zu mindestens sich selber richten müssen, weil nämlich der gewöhnliche Alltag eine solch störende Figur kaum dulden dürfte. Von einer lebenswerten Zukunft dieses Schülers kann auch keine Rede mehr sein; denn so oder so gibt es da wenig Hoffnung. Unerträglich und mühsam würde der Schüler, wie der Fahrer in seinem Porsche, welcher auf der Autobahn plötzlich im Begriff ist in eine dicke Nebelwand hinein zu rasen, ein ungewisses Dasein fristen. Der arme Junge wäre dann mit Sicherheit der Justiz und der Psychiatrie ausgeliefert, wie ein Affe im Zoo. Allerdings hat der 16jährige Schüler die Tat vorher immer wieder durchdacht, geplant oder zu Recht gebastelt; dennoch kennt er eben das Leben nicht, so wie ein erfahrener Taxifahrer nach einer 19 jähriger Ehe. Demnach wären seine Tage längst gezählt. Und schließlich will das Dasein verständlicherweise keinen verworrenen Mörder in den eigenen Reihen. Auch wenn man im Laufe der Zeit einiges verdrängen sollte.
Im Allgemeinen grunzt ein Schwein ahnungslos vor sich hin, frisst nahezu alles, wälzt sich dabei am  liebsten im Schlamm und wartet schließlich geduldig auf den finalen Gang in den Schlachthof. Gerne liegt dieses Tier in seiner engen Behausung gegen die Zwischenwand angedrückt und hat dabei nicht die geringste Lust noch irgendetwas von sich zu geben. Normalerweise bewegt sich das Schwein in keine Richtung und wie wir alle sehr genau wissen, dient das Tier ausschließlich der Fleischkonsumierung. In der Zwischenzeit zeigt es keinerlei Regung und wartet nur noch geduldig bis zur nächsten Futtereinheit. Am Ende schiebt man das Schwein mit zahlreichen anderen Artgenossen in einen Lastwagen, um es schließlich gewinnbringend in hunderten kleineren Verpackungen im Supermarkt zum Verkauf anzubieten. Das Schwein muss, kann oder will nichts und folglich bleibt es bis in alle Ewigkeit ein dummes Schwein. Nicht selten sprechen die Leute von einem blöden oder von einem feigen Schwein; oder gar von beidem in Zusammenhang mit einer gewissen Art von Mensch.
Benno M. war so ein Schwein; das hieß, er war natürlich im biologischen Sinne kein Schwein, und doch wohnte in ihm drin ein solches Tier. Durch all die vielen Jahre und trotz der geschickten Tarnung war selbst seiner Ehefrau das ewige Nichtstun und die ständige Faulheit allmählich aufgefallen; und träge und feige war Benno M. schon immer gewesen. In seiner Jugend hatte er als  16. jähriger Schüler, während des alljährlich wiederkehrenden Schulfestes zufällig seinen Mathematiklehrer und eine von ihm sehr begehrenswerte Mitschülerin bei einem schnellen Fick erwischt. Benno M. war damals während des Festes auf den Pausenhof hinter dem Schulgebäude  gegangen, um bei den drei großen Eichen gegen eine der Bäume zu pinkeln, als er in dem Augenblick die Beiden trotz der Dunkelheit heimlich zum Parkplatz laufen sah. Das Mädchen streifte noch während des Gehens kichernd ihren Slip unter dem Rock hinunter und der Lehrer packte und drückte sie danach sofort gierig gegen einen alten VW Käfer. Alles in Allem dauerte der Fick nicht länger als eine Minute und Benno wunderte sich noch, warum sich die beiden dafür nicht mehr Zeit ließen. Eigentlich hatte er die Mitschülerin selber haben wollen, aber begriff dann schnell, dass seine heißen Wünsche ins Reich der Fabeln gehörten. Anschließend war er mit seinem Fahrrad, enttäuscht und gewiss eine Erfahrung reicher, nach Hause geradelt, hatte sich mit einer Flasche Bier und einem Berg voller Kartoffelsalat vor dem Bildschirm verkrochen und versuchte das Gesehene so einfach wie nur möglich wegzudrücken.
Wieder einmal war Benno M. zu faul und zu feige gewesen um Widerstand zu leisten, obwohl er ja diesmal alle Trümpfe in der eigenen Hand hielt. Er hätte beispielsweise Himmel und Hölle in Bewegung setzen können; denn die Schülerin war zu dem Zeitpunkt erst 15 Jahre alt gewesen, also noch minderjährig, und demnach handelte es sich bei jenem schnellen Fick, nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, um eine Straftat. Er hätte die Schulleitung und die Polizei in Kenntnis setzen oder gar gemeine Drohbriefe verschicken können. Auch hätte er am folgenden Schultag, während der Pause, geschickt sein Wissen unter den Mitschülern verbreiten sollen; das wäre dann für alle der ganz große Hammer gewesen. Aber Benno M. hatte sich nicht gewehrt und so dem geilen Mathematiklehrer einfach das Feld überlassen, hatte keinerlei  Rachegelüste entfaltet und das Gesehene konsequent für sich behalten. Vielleicht hätte er bei dem Mädchen so oder so nicht landen können, doch es in jedem Fall versuchen müssen. Stattdessen bevorzugte Benno M. viel lieber das langweilige Hocken vor dem Fernseher oder das Lösen von Kreuzworträtseln.
Unterdessen reihten sich die Jahre aneinander, wie Hochzeiten und Begräbnisse, und schließlich  hatte Benno M., während einer Straßenbahnfahrt in die Innenstadt, seine jetzige Ehefrau kennengelernt. Ganz am Anfang hatte man sich unaufhörlich zu genickt, ähnlich wie gewisse Arten von Vögeln direkt vor der Paarung. Danach ging alles recht reibungslos, ohne die üblichen Anstrengungen, und nach 19 Jahren Ehe bestieg er sie noch immer einmal pro Woche oder auch umgekehrt. Ohne Hemmungen und Zweifel hatte er jeweils sein erregtes Glied in ihre Scheide geschoben und noch nie hatte sie sich in irgendeiner Form beklagt. Ohne kaum aufzufallen lebten die beiden ziemlich gelassen miteinander und nebeneinander her und seit einer kleineren Erbschaft bewohnte das Paar nun das ehemalige Häuschen der Schwiegereltern, welches in einer Altbausiedlung am Rande der Stadt stand und noch aus den 60. Jahren stammte. Alles dort roch ein wenig verbraucht und vermodert und selbst der Garten sah aus, wie kurz nach dem Krieg.
Nach der Ausbezahlung der Erbschaft hatte Benno M. mit sofortiger Wirkung seine Tätigkeit als  Taxifahrer sausen lassen, denn er hatte berechnet, das man mit dem Ererbten und dem Gehalt des  Teilzeitjobs der Ehefrau unter Berücksichtigung aller Vorsichtsmaßnahmen und natürlich mit äußerster Disziplin recht viele Jahre angenehm dahin existieren müsste. Nur das Anschaffen eines nagelneuen  Autos, das Verbringen der Ferien im Ausland oder gar das Bestellen von Luxusgütern auf Pump gehörten  seitdem nicht mehr zu ihren Möglichkeiten.
Während er halb gestreckt in seinem Lieblingssessel gespannt vor dem Bildschirm auf das  Europacupviertelfinale der Bayern wartete und seine Frau nebenan auf der Couch gerade die Spargeln  schälte, meinte er auf einmal selbstbewusst:
„Karin, mein süßes Täubchen, … Mensch, ich fahre doch nicht mein ganzes Leben lang den Abschaum unserer Stadt durch die Gegend, …  ich bin doch nicht blöde oder sehe ich etwa vielleicht so aus!“
Danach hatten die zwei herzlich und lange gelacht, bis es dann nicht mehr ging. Selbst in der Küche, als sie vorsichtig die Spargeln in das kochende Wasser gleiten ließ, hörte man noch ihr belustigendes Gelächter. In diesem  Sinne vergingen die Jahre und in der Zwischenzeit hatte Benno M. an jeden Sonntagabend interessiert den „Tatort“ in sich hinein gesaugt. So kannte er mittlerweile namentlich alle Kommissare und das dazugehörige Begleitpersonal, wie aus dem Stehgreif. Der größte Teil seines jährlichen Fernsehprogrammes jedoch wurde durch die nationalen und internationalen Fußballmeisterschaften bestimmt; natürlich mit als Höhepunkt alle vier Jahre wieder, wie immer, die gigantisch spannende Fußballweltmeisterschaft. Dazu lief parallel das ganze Jahr hindurch die bekannten Tennisturniere, wie das von Paris oder London. Nebenbei stand im Hochsommer die „Tour de France“, eine Radrundfahrt, auf seinem  Menu. Jedes Mal begleitete Benno M. die gutbezahlten Profiradfahrer durch das Hochgebirge bis auf die Camps Elysees in Paris. Dann gab es noch zusätzlich bedeutende und interessante Boxkämpfe, die er regelmäßig, wie ein kräftiger Staubsauger in sich hineinzog. Manchmal wurde das Ganze willkommenderweise durch politische Wahlkämpfe, Bundes-oder Landesweit, unterbrochen. Schließlich wanderte Benno M. gerne an alle Sender vorbei, um sich möglichst, wie er es stets kühn und scheinbar interessiert formulierte, ein breites Bild machen zu können. Die Fernsehzeitschrift war seine Bibel, und wie beispielsweise beim Zimmermann der Hammer, war seine  Fernbedienung sein Werkzeug. Ohne Frage war Benno M. ein vertrauensvoller und erstklassiger Fernsehzuschauer. Seine unglaubliche Sehwut kannte tatsaechlich keine Grenzen. Schließlich hatte er seine Lieblingsschauspieler aus den verschiedenen Film-und Fernsehproduktionen ganz weit oben auf der Liste stehen. Ein „Götz George“ oder eine „ Iris Berben“ konnten bei ihm nahezu alles verrichten. Bedingungslos folgte Benno M. solche Figuren bis ans Ende der Welt. Nur wenn auf einmal das Eiskunstlaufen auf dem Programm stand, kannte  auch Karin, seine Ehefrau, keinerlei Gnade; denn dann mussten beide unbedingt zusammen vor dem Gerät hocken. So liebte sie nämlich, wie keine andere, vor allem die Kleidung und Präsentationsmöglichkeiten, die dem Auftritt der Eiskunstelite den eigentlichen Glanz verliehen. Hinzu zu fügen wäre noch, dass in ihrer Optik die jeweilige Begleitmusik natürlich den absoluten Höhepunkt bestimmte.
Mit der piepsig hohen Stimme, mit einer kindlich naiven Ausstrahlung und mit einer zum größten Teil absurden Gedankenwelt verbunden, formte Karin tatsaechlich eine selten weibliche Erscheinung, die der gewöhnliche Mitbürger auf diese Weise nicht oft zu Gesicht bekommt. Obwohl jene verlegene und sehr ängstliche Frau von mittlerem Alter normalerweise in ihrer eigenen Welt, in der kitschigen und gekünstelten Welt der Barbiepuppen lebte, und obwohl ihre Brüste nach 19 Jahren Ehe breit und platt über dem Brustkorb hingen und die Brustwarzen wie zwei Wegweiser steil nach unten in Richtung Füße zeigten und obwohl die etwas molligen Arschbacken begonnen hatten wie ein Englischer Pudding umher zu wackeln, meinte Benno M. kürzlich noch:
„ Tja, mein Täubchen, glaub mir, … dich bumse ich noch, auch wenn du dann 80 Jahre alt geworden bist, … das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche, … kein Problem,  Liebling!“
Alles beieinander hatte sie sich im Laufe der Jahre in einer Art Kindsfrau transformiert. Vermutlich deshalb hütete Benno M. seine Frau als einen besonders kostbaren Besitz, den man eben unter keiner Bedingung zum Verkauf anbot. Der ehemalige Taxifahrer würde sich lieber die rechte Hand abtrennen lassen, als das er sein piepsiges und naives Püppchen ziehen ließ.
Schon seit vielen Jahren sammelte Karin mit einer grenzenlosen Freude und Hingabe Barbiepuppen aller Art. Mittlerweile besaß sie nahezu 150 Puppen mit der dazugehörigen Kleidung und den verschiedensten  Utensilien. Der Höhepunkt in ihrer Kollektion formten „Barbie“ und „Ken“ aus den Anfangsjahren der Kollektion 1960/61, und das in voller originalgetreuer Hochzeitsmontur. Auf diese beiden Stücke war sie besonders stolz; ja, das ging gar soweit, dass bei denen nach jeder neuen Woche ein Kleidungswechsel vollzogen wurde. Nebenbei sprach Karin mit ihren Puppen über alltägliche oder nicht alltägliche Dinge, so wie man das mit einer Freundin oder der Nachbarin tut. Unterdessen arbeitete sie vier Mal pro Woche halbtags bei einer alteingesessenen Anwaltskanzlei im Zentrum der Stadt und versorgte dort die üblichen schriftlichen Vorbereitungen und andere laufende Vorgänge. Durch die Jahre kannte sie ihre Tätigkeit in und auswendig und hatte in der Kanzlei mit der Zeit ein vertrauliches und respektiertes Verhältnis aufgebaut. Ihr Chef war der alte Herr Dr. Lindenberg, ein angesehener, jedoch auch ein schleimiger und aalglatter Promiadvokat, der in den verschiedensten Bereichen des  Stadtlebens seine ehrgeizigen Finger im gewinnträchtigen Brei der lokalen Geschäftswelt stecken hatte. Wahrscheinlich deshalb besaß der gute Mann eine wesentlich jüngere gutaussehende Vorzeigefrau mit zusaetzlich zwei heranwachsenden Kindern und eine schmucke Villa in bester Lage. Außerdem war er ziemlich bekannt für seinen ausschweifenden Lebensstil. Desoeffteren fuhr der alte Anwalt mit dem graumelierten Haarschnitt und dem schicken Maßanzug in den nahen Edelpuff der Stadt oder ließ sich eines der sehr, sehr jungen Mädchen in das eigens dafür angeschaffte Appartements an die Haustür bringen. Auch sah man ihn ab und zu im Beisein von dubiösen und polizeibekannten Figuren fröhlich grinsend und recht animiert in Restaurants oder Nachtklubs zusammen sitzen. Die Herren kannten sich seit langem aus einigen Gerichtsverhandlungen und denen damit verbundenen dunkeln Geschäften. Sogar in der Schattenwelt der Russen und der Türken hatte der Anwalt Lindenberg unbeschränkten Zugang. Aus irgendeinem Grunde musste Karin einmal einen nigerianischen Klient vom Hotel aus ins Gerichtsgebäude begleiten. Der Mann aus Afrika war eigentlich höflich und vor allem vorbildlich, jedoch so schwarz wie ein Begräbniswagen.
Dennoch alles in Allem spielten diese ordinären Randerscheinungen in ihrem Berufsleben kaum eine Rolle. Das Interesse von Karin an jenen beruflichen Gegebenheiten sang nach Arbeitsschluss sofort auf ein Minimum. Schließlich fuhr sie mit der Straßenbahn nur allzu gerne in Richtung Benno M. und denen von ihr so sehr begehrten Barbiepuppen heimwärts ins ruhige und gemütliche Eheglück; und zwar ohne die ständig störenden Geräusche und  irritierenden Feindbilder einer dominanten und vergammelten Großstadt. Zuhause angekommen tranken die beiden erst einmal zusammen einen Sherry, um danach  die täglich benötigten Einkäufe im nahen Supermarkt zu tätigen.
So vergingen Monate und Jahre, und Ostern und Weihnachten fielen, wie im Herbst die Kastanien aus den riesigen Bäumen. Und wäre es nicht, das nach 19 Jahre Ehe eines  Nachts Karin auf einmal ihren Gatten aus dem Schlaf rüttelte und jene unvorstellbare und ungeheuerliche Forderung stellte, welche nämlich einen besonders tiefen Einschnitt in deren Leben formen sollte, alles wäre ruhig, behutsam und beim Alten geblieben. Schlaftrunken und ahnungslos schaute Benno M. plötzlich in das schattenhafte Gesicht seiner Lebenspartnerin und traute seinen Ohren nicht, was er danach zu hören bekam. Karin hatte ihn mehrmals geschüttelt und gerüttelt bis sie sicher sein konnte, dass er wach und zuhörbereit war. Sie hatte erst die Nachttischlampe angeknipst und sah  ihn nun ernsthaft und bedrohlich an, bevor sie schlussendlich zu sprechen begann:                                                                                                                                  „ Benno, … Ich will, dass du meinen Bruder erschießt, … und zwar so bald wie möglich! … ich will das Ekel endlich tot wissen, … und zwar schnell!“                                                                                                                                 Schlaftrunken und entgeistert sah Benno sie an:                                                                                                                            „ Täubchen, … du machst doch einen Witz, oder?“
Selbstsicher fuhr Karin fort: „ Ich will unbedingt, dass du das Monster erschießt und ich will dich nicht noch einmal darum bitten müssen, … anders ist es besser, das du deine Koffer packst und auf Nimmerwiedersehen verschwindest, …Benno, ich habe all die Jahre nie geklagt und nie irgendetwas von dir gefordert, … nun aber will Ich, dass du meinen Bruder erschießt!“
Karin wurde nun so wütend, dass sie ihn nicht mehr ansehen konnte. Allerdings fühlte sich Benno M. in dem Augenblick, obwohl er krampfhaft versuchte sich zusammen zu reißen, wie ein schwimmendes, nach dem rettenden Ufer suchendes Kaninchen in einem enormen Haifischbecken.
„ Aber Täubchen, warum denn nur, … um Gotteswillen, was hat denn der dir nur angetan!“
Dabei kannte er den Bruder nur vom Hörensagen. Selbst bei seiner Hochzeit war der Mann nicht einmal aufgetaucht; geschweige denn, dass er diesen jemals zu Gesicht bekommen hätte. Wohl hatte sich Benno M. damals so seine Gedanken gemacht, aber dennoch keine unnötigen Fragen gestellt. Tief im verborgenen Hintergrund warfen solche uralten Familienangelegenheiten meistens nur unbehagliche Schatten voraus, die man am besten rasch vergisst. Völlig ahnungslos hatte er all die Jahre neben Karin im Ehebett gelegen und von deren hässlichen Vergangenheit nicht die Bohne gewusst. So hatte ihn Karin am folgenden Morgen wütend und bissig ihre jahrelang verdrängten Wahrheiten letztendlich doch noch erklärt und unter Tränen nochmals unwiderruflich jene ungewöhnliche Forderung gestellt. Benno wusste nun, dass der um einiges ältere Bruder sie wahrend Jahre missbraucht und das sich diese miese Angelegenheit in immer wiederkehrenden Abständen, wie der Kirchgang am Sonntagvormittag, vollzogen haben musste. Das ungeheuerliche Leiden begann als Karin nicht einmal 6 Jahre alt gewesen ist. Zum ersten Mal spürte Benno M. die unbändige Wut und den Hass seiner Lebensgefährtin im  eigenen Lebensbereich.
Unglücklicherweise hatte Karin während des alljährlichen Betriebsausfluges der Kanzlei ihren Bruder auf der Hinfahrt nach Helgoland wieder erkannt. Wie grasende Milchkühe auf der Weide stand dieser Mann plötzlich nach so langer Zeit aufgeblasen und grinsend zwischen mehreren anderen Männern auf dem Deck der Fähre und sofort sprudelte es nur so vor grässlichen Erinnerungen. Erst ging ein Schock durch ihre Gedankenwelt, danach stampfte die blanke Angst durch ihren Körper. Am liebsten hätte Karin den  Bruder mit einem Küchenmesser in  Stücke geschnitten. Das Schlimmste war, das nun alles wieder an die Oberfläche kam, was eigentlich längst abgehackt sein sollte. Wiederum zogen ihre verlorene Kindheit und eine beschämende Jugend mit einem sehr üblen Beigeschmack im Kreise vorbei. Nichts, aber auch rein gar nichts, an dem sie sich gerne erinnerte.
Als Schülerin hatte sie ständig wie eine Halbtote im Klassenzimmer gesessen und später als Erwachsene wanderte eine unmöglich stattfindende Schwangerschaft, wie eine kränklich terminale Begleiterscheinung, schattenhaft und peinlich an ihr vorbei. Zum Glück hatte der Bruder sie nicht wiedererkannt, denn Karin saß mit den Arbeitskollegen im Restaurant der Fähre und trug zufällig eine Ray Bayn Sonnenbrille. Allerdings  erinnerte sie sich plötzlich wieder an den vielen Erniedrigungen und dem Elend, die ihr angetan worden war. Seitdem waren so manche peinliche Stunden vorübergegangen.  Noch Wochen nach dem überraschenden Treffen auf der Fähre brauchte es einiges um sich einigermaßen zu ordnen; doch das Verlangen nach Rache war eben nicht mehr aufzuhalten.
„Täubchen, … ist das wirklich, was du willst?“ hatte Benno noch mitleiderregend gefragt.
Nun aber gab es für beide kein Zurück mehr. Selbst in seinem Dasein wurde auf einmal alles bis auf die  Grundmauern abgerissen. Kläglich wurde ihm nun bewusst, dass er auf jeden Fall seinen Lieblingssessel vor dem Fernsehgerät für eine Weile vergessen konnte, dabei hatte Benno M. sich jetzt so sehr auf das  Sandplatztunier in Paris gefreut  (zwei Wochen lang den ganzen Tag über ununterbrochen „live Tennis“  auf dem Bildschirm). Schließlich hatte er sich deswegen, wie ein Eichhörnchen vor dem nahenden Winter, schon mal bei der Aldi mit dem notwendigen Bier und den verschiedenen Snacks vorsorglich eingedeckt. In drei Tagen sollten die ersten Begegnungen beginnen und Benno M., das sogenannte faule und feige Schwein, musste nun entweder eine Art von Hinrichtung ausführen oder rasch das Weite suchen, ähnlich wie ein Hund, den man noch kurz vor den Sommerferien schnell am Waldrand ausgesetzt hatte. Mit einem Schlag hatte Karin sein Leben bis auf die Knochen umgekrempelt und schließlich in eine andere Dimension gelenkt. Es gab einfach kein Zurück mehr.
Vergeblich hatte er mehrfach versucht ihr die Sache noch auszureden und damit seine eigene Haut zu retten. Nach langem Hin und Her entschloss sich Benno M. dann doch für die erste Variante:
„ Mein Täubchen, für dich mache ich doch alles, … Mädchen, ich werden es machen, … ganz sicher, ich mache deinen Bruder einfach kalt, … Täubchen, wirst schon sehen, … alles wird gut!“
Danach waren die beiden im Wohnzimmer in ein lautes Gebrüll, einen Freudentaumel verfallen, ähnlich  wie Leute, die gerade von einem saftigen Preis im Lotto erfahren hatten. Anschließend hatte Karin ihn äußerst zärtlich umarmt und liebkost und Benno M. durfte sie danach auf seine Lieblingsweise nehmen. Sofort stellte sie sich bereitwillig mit gehobenen Händen und gespreizten Beinen gegen die Wand zur Küche gedrückt und er schob sichtbar erregt sein Glied von hinten her in sie hinein; dabei hielt er ihre Hüften fest umschlungen. Anschließend sackten beide, keuchend und nach Luft happend, erschöpft zu Boden und blieben dort, ineinander verkeilt, noch eine Weile liegen. Dabei zitterten Bennos  Beinmuskeln von der Anstrengung ein wenig nach und so meinte er schmunzelnd:
„Tja Täubchen, … wir sind nicht mehr die Jüngsten, … da sieht man es mal wieder, nicht wahr!“
Daraufhin lachten sich beide genüsslich zu und waren wieder einmal so richtig froh beieinander zu sein.
Außerdem war es tatsaechlich so gewesen, das Benno M. vor mehreren Jahren, während einer seiner Taxifahrten, zufälligerweise von einem durchreisenden Niederländer eine Schusswaffe erworben hatte. Das Ding, eine 9 mm Handfeuerwaffe, hatte jahrelang in seinem Keller hinter dem uralten Heizungstank gut verpackt irgendwo versteckt gelegen, und Benno  konnte sich noch gut daran erinnern, das der holländischer Fahrgast damals in einer berüchtigten Kneipe bedauerlicherweise sein ganzes Geld  verzockt  hatte und das dann der Betrogene für die Heimreise dringend etwas Kleingeld benötigte. So wurde ihm die Waffe spotbillig angeboten. Ohne lang zu zögern hatte Benno M. sofort zugegriffen. Immerhin war er ein wenig  stolz gewesen, so plötzlich der Besitzer eines echten Brownings zu sein. Zusaetzlich steckten noch immer Patronen im Magazin und das sollte für seine Zwecke eigentlich ausreichen. Kurz nach dem Kauf hatte er noch in einem nahen Wäldchen mehrere Male aus einer Entfernung von 10 Meter auf  einem Baumstamm geschossen und war besonders beeindruckt von der Heftigkeit der Durchschlagskraft der erworbenen Schusswaffe gewesen. Auf jeden Fall brachte schon die bloße Anwesenheit der Waffe in seiner Optik ein angenehmes Gefühl mit sich, denn der Kauf einer solchen Ware war normalerweise mit gewissen Risikos verbunden; vor allem auch wesentlich billiger.
Unterdessen hatte Karin ihm die Wohnadresse und ein rezentes Foto des Bruder gegeben, welche noch  aus dem Nachlas ihrer Mutter stammte; dabei hatte sie Benno aufgeregt und ziemlich geheimnisvoll  angeschaut, wie eben eine verführte Schülerin den geliebten Mathematiklehrer.
Der Bruder hieß Jürgen Hansmann, wohnt in einer 150 Km entfernten Hafenstadt, arbeitete dort als  Beamter bei der  Wasserschutzpolizei und war etwas älter als Benno. Seit Jahren schon lebte ihr Bruder mit dessen Freundin, die aus erster und zweiter Ehe drei erwachsende Kinder ihr Eigen nennen durfte, zusammen im 5. Stock eines Wohnsilos mit Aussicht weit über eine norddeutsche Marschlandschaft hinweg. In jenem  Stadtbezirk reihten sich einige Wohntürme vor und nebeneinander her und formten eine beginnende Gettobildung mit den üblich störenden Randerscheinungen. Man sah farbige Ausländer und zahlreiche andere Randfiguren, verbrauchte und beschädigte PKWs auf den Parkplätzen umher stehen und  leider auch die ersten unnötigen Abfälle und Möbelreste vor den Gebäudekomplexen liegen. Mittlerweile waren in Paris die ersten Tennisbegegnungen begonnen und ärgerlicherweise hatte Tommy Haas schon sein Auftaktmatch verloren. Anstatt in seinem Wohnzimmersessel  saß Benno M. nun seit dem frühen Morgen in seinem Wagen und beobachtete von dort aus unauffällig die Wohnadresse des Bruders. Karin hatte ihm noch eine Thermosflasche mit Kaffee, Kekse und Snacks zurechtgemacht und ihm zuversichtlich einen sanften Kuss mit auf dem Weg gegeben.
Auf diese Weise erfuhr Benno M., das der Bruder mit seiner Freundin an Wochentagen  gegen 7 Uhr 30 morgens den Wohnsilo verließen, um dann schwerfällig und aufgeblasen, wie zwei Nilpferde, zu ihrem blauen Opel Vektra zu traben, welcher meistens an der gleichen Stelle parkiert stand, und um anschließend zu ihren Arbeitsplätzen zu gelangen. Die Beiden mussten zusammen mindestens, wenn nicht mehr, 250 Kg auf die Waage bringen, dazu trug der Bruder von Karin einen  Bierbauch vor sich, ähnlich wie bei einer hochschwangeren Frau.  Dagegen war seine Freundin zwar modisch gekleidet und damenhaft versorgt, dennoch hingen vor ihrem Brustkorb diese gigantischen  Brüste, die sie wie zwei aufgeblasene Ballons offenbar demonstrativ unter der Regenjacke vor sich her trug. Ihr Nacken war so breit, wie die bei einem Ochsen, und so stapften die beiden schon frühmorgens träge und kurzatmig in den Tag hinein, als ob ihnen das Wort „Gesundheit“ noch nie zu Ohren gekommen wäre. Benno M.  dachte sich noch, das das Paar wahrscheinlich durch üble Schulden und den dazugehörigen Unkosten trotz des doppelten Gehaltes in jener miesen Lebensumgebung wohnen bleiben musste und das deswegen ein empfehlenswerter Wohnungswechsel nicht stattfinden würde; jedoch konnte er ihre finanzielle Lage natürlich nicht mit Sicherheit beurteilen. Auf jeden Fall setzte der Bruder auf dem Weg zur Arbeit erst einmal die Frau bei einer gewissen Apotheke in der Innenstadt ab  und fuhr anschließend weiter in Richtung Hafen zum Hauptsitz der Wasserschutzpolizei.
Während heute in Paris allmählich die Viertelfinalbegegnungen der Damen  gespielt werden dürften, saß Benno M. in einem gestohlenen Renault gegen 7 Uhr 30 wiederum unauffällig auf dem Parkplatz vor dem Hochhaus und wartete mit einer unerträglichen Spannung auf das Erscheinen des Bruders und  dessen Freundin. Am Abend zuvor hatte er den Renault in einem kleinen Dorf auf eine einfache Art  entwenden und danach irgendwo im Hafengebiet abstellen können. In der Zwischenzeit war Karin ihm  mit dem eigenen Wagen gefolgt und schlussendlich hatten sie gemeinsam die 150 Km Heimfahrt angetreten. Nun aber befand sich Benno, gekleidet in einem Motorradanzug und als Tarnung mit einem  passenden Helm auf dem Kopf versehen, in dem gestohlenen Wagen und seine Schusswaffe lag  tatsaechlich griffbereit und entsichert neben ihm auf dem Beifahrersitz. Sein Plan war es, die beiden  Fettsäcke nacheinander zu erschießen; jeweils erst eine  Kugel in die Herzgegend und die zweite als  Sicherheit in den Kopf. In den Tagen letzten nämlich hatte er sich mehrmals überlegt, das er die Frau auf keinen Fall  am Leben lassen konnte, denn die würde höchstwahrscheinlich während des Erschießens des  Bruders in ein hysterisches Geschrei verfallen, und das wiederum könnte die Aufmerksamkeit anderer  Bewohner auf ihn lenken, was nicht unbedingt ein Vorteil wäre. So oder so brauchte er einen Abstand, einen kleineren Vorsprung von einigen Minuten um mit dem Wagen vom Parkplatz in Richtung Hafengebiet zu kommen, wo er dann problemlos in sein eigenes Auto wechseln wollte. Doch alles lief anders, als Benno M. es sich in seiner Gedankenwelt hunderte Male überlegt und geplant hatte. Denn als der Bruder und die  Freundin anschließend ihren Wohnsilo verließen, begann ihn auf einmal ein bösartiger Migräne Anfall zu peinigen. Ein abscheulicher Schmerz raste plötzlich explosionsartig durch seinen Kopf. Nebenbei schwitzten und zitterten seine Hände und eine grässliche Übelkeit behinderte ihn dermaßen, so dass  er  erst einmal aus dem Auto steigen und sich übergeben musste. Die Freundin des Bruders hatte sich noch beim Vorübergehen in Richtung des eigenen Wagens  erstaunt umgeschaut, ärgerlich mit dem  Kopf  geschüttelt und dann hämisch zugerufen:
„ Mensch, sie Dreckschwein, … wenn sie nichts vertragen können, dann saufen Sie doch nicht so viel, … sie blöder Saeufer!“
Wie Benno M. mit dieser Art von Kopfschmerzen und der Übelkeit noch nach Hause kommen konnte, glich einem Wunder. Allerdings lag er erst nach geschlagenen 7 Stunden mit einem Migränezöpfchen im Arsch in seinem behüteten Bett. Offensichtlich war ihm die Sache mit dem Bruder regelrecht über den Kopf gewachsen. Wieder einmal hatte Benno M. kläglich versagt und den Auftrag nicht ausführen können. Vergeblich hatte er sich bemüht. Nun aber sah er müde und bleich in die Zukunft. Wie ein Aal,  dem man den Zugang zur Nordsee verwehrte, verkroch er sich unter die Bettdecke und spielte das große Unschuldslahm. Unterdessen hatte Karin ihm einen nasskalten Wickel über die Stirn gelegt und eine Tasse Kamillentee ans Bett gestellt. Aus seiner Zeit als Taxifahrer kannte sie nämlich die unangenehmen Anfälle und dessen Begleiterscheinungen nur allzu gut. Schließlich lag Benno M. noch volle drei Tage angeschlagen im Bett bis schlussendlich der Migräne Anfall langsam wegebte.
Mittlerweile liefen in Paris die Vorbereitungen für das Tennisfinale der Männer auf Hochtouren und  verständlicherweise war Karin die Enttäuschung im Gesicht merklich anzusehen. Doch obwohl die Sache kläglich misslungen war, hatte sie dennoch irgendwie das vollste Vertrauen in ein befriedigenden Ablauf und so fragte sie:
„ Liebling, … und was machen wir jetzt?“
Natürlich hatte sich Benno M. in der Zwischenzeit so seine Gedanken gemacht und alles noch einmal ernsthaft überdacht. Immerhin wusste er nur allzu genau, das Karin den eingeschlagenen Weg auf keinen Fall mehr verlassen würde, denn die war so halsstarrig, das man einen Elefanten damit hätte erschlagen können. Im Grunde war ihm klargeworden, dass er der Sache einfach nicht gewachsen ist und dass er eigentlich sowieso keiner Fliege etwas anhaben konnte. Es war einfach nicht in ihm. Um es kurz zu machen, war er leider völlig untauglich, um eine solch aggressive Tat durchzuführen. Infolgedessen gab es keine andere Möglichkeit, als das man jemanden auf den Bruder ansetzen sollte, und das wiederum bedeutete, dass das mit gewissen Unkosten verbunden sei. Schließlich hatte Benno M. schon eine  konkrete Idee und meinte deshalb vertraulich:
„ Täubchen, … schau, es ist wie mit einer Pizza, … man bestellt telefonisch,  jemand bringt die Pizza an die Haustür, dann bezahlen wir natürlich und der Mann verschwindet wieder, … Täubchen, glaube mir, … so einfach ist das!“
Unterdessen hatte Karin ihn mit großen Augen verwundert zu gehört und begannen plötzlich, wie schon so oft vorher in ihrem gemeinsamen Leben, in ein lautes und breites Gelächter zu verfallen, bis dann wiederum nichts mehr ging.
Je höher die Mitbürger einen gesellschaftlichen Hügel hinaufstiegen, je entschlossener sich die gleichen  Leute an vorhandenen Geldströme festklammerten, desto gieriger und bereitwilliger in die anwesenden Geldtöpfen gegriffen und gegrabscht wurde. Seit seiner Taxifahrerei kannte Benno den Serben, genannt  Milan, der noch aus dem ehemaligen Jugoslawien stammte; denn der Mann war damals der Eigentümer  der Taxifirma gewesen, in der Benno M. seine letzten Berufsjahre als Fahrer gedient und so manche  ungewöhnliche Gesichte klingeln gehört hatte. So war ihm zu Ohren gekommen, das jener  Milan, der ehemalige Chef, ursprünglich am Ende der 80.Jahre als 19.Jähriger mit seinem nicht viel älteren Bruder  das heimatliche Dorf in Serbien erlassen hatte, um in Deutschland in einer Shampofabrik von der Firma Schwarzkopf zu arbeiten. Gleich zu Beginn wurden die zwei  Brüder unter fragwürdigen Bedingungen zu dümmlichen Hand-und  Spanndiensten gezwungen; dennoch immer noch besser als in der dörflichen  Heimat die Schafe zu hüten. Gegen einen unerträglichen Niedriglohn schufteten die zwei unter eintönigen Bedingungen ungefähr 3,5 Jahre lang in jener Fabrik. Glücklicherweise sah der Serbe mit seinem südländischen Schliff und den feurig funkelnden Augen aus, wie eben ein Italienischer Fussballprofi vom AC Mailand. Das wiederum bedeutete, dass er bei so manchen weiblichen Wesen, die ihn irgendwie spontan über den Weg liefen, und zwar jeweils mit einer totsicheren Trefferquote, zwischen deren Beine landen konnte. Mit seiner fröhlich schleimigen Art flogen ihm die Frauenherzen, wie bunte Luftballons, nur so entgegen. Und mit einem berüchtigten Scharm im Gepäck vermochte er, wie tatsächlich eindeutig mehrmals zuvor von anderen bestätigt worden ist, selbst eine ausgebrochene Herde von Rindern zum Stillstand zu bringen. Auf jeden Fall fielen die meisten Damen, wie Dominosteine unter seiner gewaltig männlichen Ausstrahlung,  bis Milan dann eines Tages bei einer hübschen blonden Friseuse hängenblieb, die ihm in der Folgezeit drei Kinder gebären und die er als eine Art Hauptfrau bei sich halten sollte; denn am Anfang der 90. Jahre bekam Milan überraschenderweise einen Eilbrief von seinem Cousin aus Belgrad, der ihn und seinen Bruder darin dringend aufforderte so schnell wie nur möglich heimwärts zurückzukehren.
Erst einmal hatte Milan das sofortige Verlassen seiner damaligen Lebensumstände strikt abgelehnt, weil er die Arbeit in der Shampofabrik und seine schwangere Freundin aus verständlichen Gründen für sich erhalten wollte. Da aber der Cousin den beiden Brüdern eine lukrative Tätigkeit mit ziemlich hohen  Gewinnmöglichkeiten in Aussicht stellte; waren die beiden dann rasch in Richtung Belgrad abgereist. Nach wochenlangen und ausgebreiteten familiären Umwegen landeten die Serben bei einer paramilitärischen Einheit mit einem sogenannten aggressiven und rechtsradikalen Hintergrund, welche von ihrem Cousin, einem ehemaligen Armeeoffizier, streng nach militärischen Begriffen geleitet wurde. Vorsorglich hatte  man alle Teilnehmer der Gruppe einer soliden Ausbildung unterworfen und dabei die Handhabung der verschiedensten Waffensystemen angeordnet, um allen eventuellen Anforderungen gewachsen zu sein, bevor man anschließend in einer Art von Bürger und Guerillakrieg durch Bosnien, durch die dortigen Dörfer und kleineren Städte zog. Längst war die Bevorratung und allgemeine Unterstützung von höherer Hand beschlossene Sache. In Gruppen von 30-40 Mann überraschten diese paramilitärischen Gruppen in den folgenden Jahren ahnungslose und hilflose ethnische Lebensgemeinschaften, woraufhin wahllos ein bösartiges Rauben, Morden und Vergewaltigen in allen möglichen Varianten angewendet, was bemerkenswerter im Nachhinein eine notwendige Säuberung genannt worden ist. Der Cousin, ihr direkter Vorgesetzter, hatte zuvor allen noch wohlwollend und eindeutig erklärt: „
 Jungs, … in jedem Haus ist etwas zu holen, wenn man nur will, … noch einmal,… keine Gefangenen und  sicherlich auch keine Zeugen, … dann verschwindet ihr wieder, … so machen wir das, ihr blöden Arschlöcher! … und wer nicht mit Beute erscheint, den trete ich so tief in den Arsch, das der nie wieder in den Puff gehen kann, … ach ja, bevor Ich es noch vergesse, … wer mich dennoch tatsächlich versucht zu verschaukeln, den hänge ich natürlich persönlich auf, … noch irgendwelche Fragen, ihr Wickser!“
Allmählich gewöhnten sich die beiden Brüder an den ungeheuerlichen Gegebenheiten. Der Krieg war ja auch nur ein Geschäft, wie vieles andere auch. Mit der Zeit fühlte sich das Töten und Morden an, wie beispielsweise das Autofahren in einer Großstadt. Wenn erst einmal die Kontrolle über das Fahrzeug vorhanden war, kam der Rest von alleine. Unterdessen wurden ganze Landstriche im ehemaligen Jugoslawien in Blut getränkt und dazu blies eine ekelige Gewalt über alle vier Windrichtungen hinweg.
So kam es zwangsläufig, das die Brüder am Anfang des Winters einen kleineren  Bauernhof  durchsuchten, welcher ein wenig abgelegen zwischen zwei Hügeln am Rande eines Waldgebietes lag  und welcher anscheinend durch ihre  Besitzer verlassen worden war; dennoch fanden die beiden Serben  nach längerem Suchen in einem der Schlafzimmer, hinter dem schweren Schrank, einen Hohlraum, worin sich die gesamte Familie versteckt hielt.  Milan dachte sich in dem Augenblick, als er diese Leute so ängstlich aneinander gedrückt sah, dass man eine solche Konstellation getrost einen Volltreffer nennen könnte. Verschreckt blickten die Eltern und deren 3 heranwachsende Töchter auf die beiden nun grinsenden Soldaten. Rasch hatte Milan die Eltern an einem der Heizungskörper festgekettet und machte sich dann über die 3 Töchter her, während sein schwuler Bruder im Haus weiterhin nach Wertgegenstände suchte; denn Frauen oder gar Mädchen waren nicht seine Sache. Stundenlang lag nun Milan mit seinem steifen Glied zwischen diesen jungfräulichen Schwestern und duldete auf keinen Fall ein Gejammer oder Geheule. Unter der Drohung, er würde den Eltern jeweils einen Finger abhacken, vögelte und bumste er die Mädchen mit einer Begeisterung, die er eigentlich selber nicht mehr für möglichgehalten hätte. So roch er beispielsweise, wie ein Hund an den Fötzchen der Mädchen und wähnte sich offenbar im siebten Himmel. Schließlich kam sein Bruder mit einer Geld-und  Schmuckkassette ins Schlafzimmer hinein und meinte noch verärgert:
„Mein Gott, Milan … erschieß die Leute doch nun endlich, … und komm jetzt, wir müssen hier weg, … verflucht noch mal!“
Daraufhin nahm Milan seine Pistole aus dem Halfter und schoss ohne groß zu überlegen allen Mitgliedern der Bauernfamilie eine Kugel in den Kopf. Danach wurde der ganze Hof zusammen mit samt den leblosen Bewohnern in Brand gesteckt.
In der Folgezeit begannen die europäische Presse und viele Fernsehanstalten auf der bekannten, naiven  und gebrauchsfreundlichen Art den Kriegsschauplatz Balkan zu entdecken. In vielen Millionen von  Haushalten wurde nun dem gewöhnlichen Steuerzahler vor und nach dem Werbeblock von schrecklichen Mordorgien in Bosnien berichtet. Journalisten und Photographen reisten nach Sarajewo ab, als ob man tatsächlich einen entlaufenen Hund suchen sollte. Wochen später sprach man zum ersten Mal von einer systematischen Vergewaltigung im großen Stil und nebenbei  entwickelten so manche bekannte  Hilfsorganisation ihre wohlwollenden und absurden Programme, um diese irgendwo im Niemandsland  der Vernunft auszuschütten und es danach der Weltöffentlichkeit mediengerecht aufzudrängen. Alle möglichen Figuren hatten sich plötzlich im ehemaligen Jugoslawien versammelt. Die wichtigen Politiker und selbst die Politwissenschaftler hatten vorsichtshalber ihre vorbereiteten Reden jeweils bei der Hand. Schließlich meinte einer von denen, als man ihn fragte:
„ Ja, … so ein Konflikte enden meistens erst, wenn alle beteiligten Parteien abgemattet und total  erschöpft sind, … doch selbst dann ist es noch zu viel früh, um mit den Friedensgespräche zu beginnen, … glauben sie mir, es wird noch seine Zeit brauchen!“
Allmählich wurde es für Milan und seinen schwulen Bruder höchste Zeit das Weite zu suchen und irgendwo abzutauchen. Vor allem auch deshalb, weil ihr Neffe, der sogenannte Kommandant,  mit zwei  Kugeln im Kopf in seiner Belgrader Wohnung tot aufgefunden worden war. Während der letzten zwei  Jahre hatten die  Brüder ihre Taschen reichlich mit verschiedenen Sach-und  Geldwerten aufgefüllt und  waren nun bereit zu verschwinden. So hatte der  Bruder von Milan den größten Teil seiner Beute nach Australien transferieren lassen und längst ein Flugticket von Frankfurt aus nach Melbourne für die nächste Woche gebucht. Dagegen zog es Milan lieber vor in Deutschland bei seiner blonden Friseuse und ihren gemeinsamen Kindern abzutauchen; denn er wollte, nachdem er das Deutsch nur mühsam beherrschte, auf alle Fälle keine neue Sprache mehr erlernen müssen. Wie auch immer hasste er alles Neue und Unbekannte; dagegen konnte er in Deutschland über so manch nützliche und sicher nicht zu verachtende Kontakte verfügen. Außerdem ging er davon aus, dass seine Freundin und die gemeinsamen Kinder als Deckmantel äußerst tarnungswürdig sein würden. Schlussendlich hatten die Brüder alle Spuren in Bosnien sorgfältig verwischt und soweit wie möglich den Dreck der letzten Jahre entfernt. Vermutlich fing das Leben für die beiden Serben jetzt erst richtig an.
Mit seinen durch Mord und Raub zusammengeraffte finanziellen Mitteln erwarb Milan nach und nach ein kleineres Taxiunternehmen, ein kulinarisches Restaurant in der Innenstadt und zusaetzlich eine Laden für exklusive Damenunterwäsche, in der seine blonde Friseurin das Sagen haben sollte. Vorsorglich wurde alles geregelt und nach der Geburt des dritten Kind stellte der Serbe ein norwegisches Au-pair Mädchen für die Kinder und eine peruanische Putzhilfe für den Haushalt ein. Am Anfang wollte er eigentlich alles selber machen, doch mit seinen dunklen Geschäften im Hintergrund, welche unbedingt eine ernsthafte Vorbereitung erforderten, ließ er besser Andere die für ihn doch durchaus  langweilige Arbeit machen. Schließlich sagte Milan noch vor kurzem zu seinem alten Vater:
„  Tja, Papa … ich verdiene das Geld ohne meine  Finger zu krümmen, … nicht schlecht, he!“
Worauf der Alte, ein überzeugter Kommunist aus dem ehemaligen kommunistischen Jugoslawien, nur Lakonik antwortete:
„ Mensch, Sohn … das ist doch schon so alt, …  so alt wie der Neandertaler!“
So vergingen die Tage. Und so wie die Blauwale den Golfstrom oder wie die gierigen Manager in ihren Büros einen Geldstrom folgten, so begleitete Milan seine dunklen Geschäfte; denn seit den mörderischen Erfahrungen in Bosnien entpuppte er sich bemerkenswerterweise als der geborene Killer. Ohne groß zu zögern tötete er gegen eine akzeptable Bezahlung angewiesene Personen, was ihm im Laufe der Jahre ein gutes Einkommen bescherte. Vorläufig galt seine ganze Aufmerksamkeit der peinlich genauen Ausführung seiner Aufträge. Und  wenn er schon einmal als Todesengel durch die nächtlichen Straßen einer Stadt zog und dabei einer Zielperson auflauern musste, gab es allein für ihn noch die Jagd; für gewöhnlich brannte er regelrecht, wie eine Glühbirne. Zwar waren da seine Familie, die Eltern, seine Frau und die Kinder, dennoch war Milan mit Herz und Seele ein eiskalter Auftragskiller und nichts, aber auch rein gar nichts konnte ihn von dieser makaberen und absurden Leidenschaft noch abhalten.
Schon lange stellte seine Ehefrau keine unnötigen Fragen mehr und solange er diskret und nicht zu oft  anderen Damen nachstieg, blieb das Ganze fröhlich und sorgenfrei vereint in ein und dieselbe Richtung treiben. Gleichzeitig erlebte das ungleiche Paar zusammen die üblichen Feiertage und Feste, sah die Kinder erträglich heranwachsen, verbrachte interessiert die Ferien im Ausland  ( jedes Mal in einem anderen Teil der Welt), dazu standen zwei Luxusautos in der inwendigen Doppelgarage und nicht zu vergessen lieferte eine Möbelfirma  alle zwei Jahre wieder ihre nagelneue Ledercouchgarnitur frisch ins Wohnzimmer hinein.
Während beim Tennisgrastunier von Wimbledon die zweite Woche begonnen hatte, saßen Benno M. und Milan, der Auftragskiller, im Stadtpark nebeneinander auf einer Bank in unmittelbarer Nähe des kleinen Teiches und fütterten nun dort mit Brotkrümeln eine Schar verwöhnte Enten. Im vorderen Teil des Parks befand sich zurzeit eine Art öffentlich zugängliche Ausstellung eines bekannten Tierphotografen mit etwa 50 größeren Fotos von exotischen Tieren abgebildet in deren freien Wildbahn. Mit Unterstützung des örtlichen Museums hatte man die Bilder (Format  180 x 120 cm) kurz hintereinander eindrucksvoll an den Spazierwegen entlang aufgestellt. Und dem gewöhnlichen  Parkbesucher wurden tatsaechlich spektakuläre Bilder von  Elefanten, Haifische, Greifvögel oder  Pinguine in deren natürlichen Lebensräumen voller farbiger Pracht vorgestellt. Zufälligerweise hatte Benno M. am Vorabend auf einem der zahlreichen Sender ein Interview mit jenem Photographen  gesehen und wusste deshalb, dass der Mann aus Südafrika stammte, das er durch die Jahre hin 15 Fotoalben und Jahreskalender von Tieren weltweit in den Verkauf gedrückt, das er eine Art Tierphotoproduktionsfirma mit Kontakten in aller Welt, eine Villa in der Nähe von Kapstadt mit toller Meeressicht und zwei Luxusappartemente, die eine in London und die andere New York sein Eigen nennen durfte. Wahrscheinlich musste der Fotograf, ohne wenn und aber, für den horrenden Unterhalt und all die anfallenden Unkosten die Tierphotos bis zu seinem Lebensende unter das gemeine Volk streuen. So konnte sich Benno M. noch an einige Worte aus dem  gestrigen Interview dieses Herrn erinnern:
„Tatsächlich leben wir Menschen zwischen den Betonmauern und vor den Fernsehgeräten, … aber da gibt es schließlich noch eine andere Welt, … nämlich die Welt der wildlebenden Tiere, die wir auf jedem Fall vor dem  Aussterben bewahren müssen, …  keine Frage!“
Benno M. dachte noch, als er beim Betreten des Parks am Foto des schwimmenden Eisbären (irgendwo   aufgenommen im Polgebiet) vorbeilief, das die Tage des weißen Bären so oder so längst gezählt und das das Geschwätz des Photographen so ziemlich überflüssig ist.
Unterdessen fragte Milan ihn neugierig: „ Also, alter Taxifahrer, … was gibt es denn so Dringendes?“
Benno war froh, dass man endlich zur Sache kam und meinte ermunternd:
„Tja, … da muss leider rasch irgendjemand von dieser Erdoberfläche verschwinden, … wenn du  verstehst, was ich sagen will!“
Beide warfen weiterhin ihre Brotkrümel den quakenden Enten zu, bis Milan schließlich lässig  antwortete:
„ Also Benno, … mein Lieber, das wird nicht billig … natürlich erst einmal 10.000 Euro im Voraus und  danach dann noch einmal weitere 10.000 Euro, … ja, so läuft das in diesem Geschäft, mein Lieber !“
Die Zwei blieben eine Weile schweigend sitzen und Benno M. machte bald ein enttäuschtes Gesicht; denn er hatte mit einem solch hohen Preis nicht gerechnet. Noch einmal rechnete er das Ganze krampfhaft durch:
„ Also gut, ich gebe dir sofort  5000 Euro und versuche die andere Hälfte der Anzahlung so schnell wie  nur möglich zusammen zu kratzen, … das aber könnte einige Zeit dauern, … nun, was hältst du davon?“ Unauffällig nahm Milan die Tüte mit dem Geld an sich, nachdem er zuvor den Vorschlag bejahend zu genickt hatte:
„Benno, damit sind wir also im Geschäft …  und alles Weitere wird man dann schon sehen, nicht wahr!“
Während  Milan weiterhin die Enten fütterte, verschwand Benno langsam in Richtung des Ausganges und für den Anfang waren wohl beide erst einmal zufrieden gewesen.
Der Sommer und die Hitze hatten ihren ersten Höhepunkt erreicht. In der Tour de France fuhren die Radrennfahrer heute durch die Pyrenäen, eine der drei Bergetappen. Und wenn es Benno M. einmal zu langweilig wurde oder er wusste sich keinen Rat mehr, dann setzte er sich zu seiner uralten Nachbarin ins Wohnzimmer, weil er bei der alten Frau kaum mitdenken oder meistens nur mit dem Kopf zu nicken brauchte. So saß er jedes Mal träge in dem breiten Sessel, starrte müde durch das Wohnzimmerfenster auf die Straße hinaus und nebenbei bekam er auch noch ein Glas roten Portwein serviert. Normalerweise konnte  er von seiner Küche aus, durch den Garten und über den trennenden  Zaun bei der Alten einfach durch ihre Küche ins Wohnzimmer gelangen:
„ Hallo Nachbarin, … bist du noch da, … lebst du noch?“
Worauf die greise Frau, eine 83 jährige alte, vereinsamte und ständig klagende, aber auch eine meckernde und jeweils stänkernde Witwe, die offenbar mehrere Schicksalsschläge in ihren Leben schlecht verdaut hatte, sofort antwortete: „
 Ja, sicher, … aber mein ältester Sohn, der hat sich doch schon seit 6 Monaten nicht mehr  blicken lassen, … mein Gott, man hat es doch wirklich schwer, … oder etwa nicht!“
Ihr Ehemann war schon früh an den Folgen seiner Alkoholsucht verstorben, der zweite Sohn ihrer vier  Kindern verunglückte als  18 Jähriger bei einem nächtlichen Motorradunfall und zu guter letzt verübte die einzige Tochter aus noch immer ungeklärten Gründen Selbstmord. Hinzu kam, dass sich ihr jüngster Sohn im Laufe der Zeit als so etwas wie ein Dorftrottel entwickelt hatte, was die alte Frau auch nicht unbedingt fröhlich stimmen konnte. Schließlich lag sie meistens mit ihrem von den vielen Jahren eingeschrumpften Körper auf dem Sofa, dabei hingen ihre Brüste wie zwei  Bretter schweigend auf dem  Brustkorb. Nebenbei schlängelten sich dunkelblaue und hervortretende Adern, wie ein verlässlicher  Fluss ins Deltagebiet, auf ihren bleichen und ausgedörrten  Armen und Beinen hinunter. Während  einer  der allerletzten Kriegsmonate hatten 7 kanadische Soldaten sie damals als 17 jähriges Mädchen den halben Tag unerfreulicherweise in der Mangel gehabt. Erst hatte einer von denen noch höflich gefragt:
„ Goodmorning  Agnes, … darling, you want some Chocolat or some Beef?“
Doch wahrscheinlich dauerte es den Männern aus Nordamerika viel zu lange und man packte dass Mädchen kurzer Hand in ein leer stehendes Haus und fickte sie dort bis nichts mehr ging. Die Soldaten hatten vermutlich lange keine Möse mehr zu Gesicht bekommen. Nur blöde war, dass die restlichen Dorfbewohner irgendwie von der Sache Wind bekommen hatten und so ging die leidige Geschichte noch Jahre wie ein Lauffeuer durch die Dorfgemeinschaft. Außerdem hielt man ihren erstgeborenen Sohn für ein sogenanntes Ami -Kind, was dann später noch für einigen Wirbel sorgen sollte.  Eine böse Begleiterscheinung jener tragischen Vergewaltigung waren gewiss auch die lebenslangen Probleme beim Pinkeln gewesen. Infolgedessen klagte die alte Frau bei jeder möglichen Gelegenheit über ihr unglückliches und derart verfluchtes Leben. Leider gehörte die Nachbarin von Benno M. auch zu jenen Mitbürgern, die ständig den Hausarzt kommen ließen. Nun aber stand diese alte Frau unmittelbar vor dem Ende ihres Lebens und einer ihrer immer wiederkehrenden Sprüche war:
„Also Benno, … Gott ist ein Piano, … aber eine Kuh spielt, wie jedermann wissen sollte, kein Piano!“
Mittlerweile gab es Milliarden und aber Milliarden von Filmen und Fotos in allen Weltteilen verstreut. Jeder weitere Tag brachte wiederum  Millionen von diesen Produkten hervor. Eine endlose Anzahl  von Familien und Kinder, von Hochzeitsfeierlichkeiten und Ferienerinnerungen, von Natur und Tier, von Sex und Autos  und so weiter, bis man eines Tages das Fotoalbum „Menschheit“  schlussendlich zuklappen wird. Mit der Entwicklung des Handys konnte jedermann die gewünschten Abbildungen ohne Probleme einfangen. Auf einmal war alles möglich; nur von „Gott“ hatte noch niemand ein Foto gespeichert; bis heute hatte noch keiner dieses gewisse „Etwas“ abgelichtet, geschweige denn zu Gesicht bekommen. Schließlich wusste der Normalbürger nicht einmal, ob „Gott“ ein Mann oder Frau, ein Übermensch oder ein Tier, ein Politiker oder Transvestit, ein Außerirdischer oder Kind, oder gar ein Piano sei, so wie es die Nachbarin von Benno M. gerne und wiederholt behauptet habe. Auf jeden Fall  bedeutete es für denjenigen, der als Erster mit einem Foto von „Gott“ auftrumpfen sollte,  mehr als nur eine gesellschaftliche Sensation. Wie auch immer bedeutete es, dass derjenige mit dem ersten Foto vom großen Schöpfer, das dieser eben mit sofortiger Wirkung garantiert schlafend oder sorgenfrei reich werden dürfte. Man denke nur einmal an die gigantische Vermarktung des Fotos durch die Medien und der Werbeindustrie. Ohne Frage würden plötzlich Millionen von Euros, wie ein Wildbach ins Tal hinab fließen. Die weltweitbekannten Großkonzerne  würden sich nur so überbieten, um mit dem Foto und dessen expansiven Image werben zu können. ( Gott fährt in einem Mercedes, … Gott trägt einen Armanianzug und am Handgelenk eine Rolex, … Gott telefoniert mit einer Nokia, … Gott besitzt ein Konto bei der Deutschen Bank, … Gott verbringt die Ferien auf Ibiza, … Gott läuft mit Adidas durch den Wald, … Gott bezahlt seine Rechnungen mit einer Visakarte, … Gott riecht frisch und angenehm nach Chanel und so weiter und so weiter!).
Ab und zu saß auch Karl, der jüngste Sohn der Nachbarin, zusammen mit Benno M. im Wohnzimmer und zu dritt besprach man jeweils ausführlich alltägliche Ereignisse, wie beispielsweise das Wetter oder das Weh und Leid der gesamten Familiengeschichte, bis es allen regelrecht zur Nase heraus kroch. Im Grunde war der Sohn auch nur naiv und gutmütig, jedoch im Augenblick besonders aufgeblasen vom vielen Bier trinken. Wahrscheinlich hatten sich zurzeit die Probleme wieder einmal ins Bodenlose angehäuft. Dennoch ertrug Karl die immer wiederkehrenden Hänseleien und Betrügereien seiner  Mitmenschen, so ähnlich wie bei einem Gorilla im Zoo, dem täglich durch die Besucher unsinnige Grimassen gezeigt wurden. offenbar hatte ein gewitzter Betrüger ihm einmal vor Jahren, noch heute erzählte man sich diese Geschichte gerne, einen VW Golf ohne den dazugehörigen Motor verkauft und dabei noch ernsthaft behauptet, das das Fahrzeug mit Sicherheit noch auf Jahre hinaus fahrtüchtig sein würde. Selbst seine ganze Familie scheute sich keineswegs davor, um ihn deshalb immer wieder ins Lächerliche zu ziehen. Beide Seiten hatten sich schon lange an diese Stänkereien derart gewöhnt, das Karl schon verwundert aufschaute, wenn ihm jemand, wie Benno M. zum Beispiel , nur eine  gewöhnliche Frage stellte oder gar in ein normales Gespräch verwickeln wollte. Später einmal  erwähnte Karl kurz den damaligen Kauf des VW Golfs und meinte nur:
„ Mensch, wie hat er das nur gemacht, … verflucht, das ging doch schon mit dem Teufel zu, … Benno, eigentlich begreife ich es noch immer nicht!“
Nach der Sonderschule war Karl erst einmal im Baugewerbe als Maurer tätig gewesen, bis eines Tages die Baufirma pleite ging und er im Nachhinein auf mehrere Monatsgehälter verzichten musste. Sein Chef dagegen, ein gewitzter Geschäftsmann, bewohnte jetzt eine Villa im Spanischen Stil auf der Insel Mallorca, welche natürlich mittlerweile auf den Namen seiner Ehefrau eingetragen worden ist. Danach versuchte Karl es als Fensterreiniger, stürzte jedoch bald von einer hohen Leiter und zog sich dabei eine verhängnisvolle Gehirnerschütterung zu, die er dummerweise nicht hatte auskurieren lassen. So lief sein Alltag in eigenartigen Bahnen, von denen er sich, wie ein kleines Kind, viel zu oft in die Enge treiben ließ. Schließlich ist hinzu zufügen, das Karl Jahre später ein ziemlich hoffnungsloses Mädchen aus der damaligen Sonderschulzeit ehelichte, welche kaum mehr als 45 Kg wog, meistens nur nervös nach alle Richtungen grinste und auch noch ständig eine brennende Zigarette in der Hand halten musste. Aus unterschiedlichen Gründen kroch seine Frau wiederholt bei verschiedenen anderen Männern unter, kehrte jedoch immer wieder nach wenigen Monaten zurück, um dann zusammen mit Karl die störenden Schattenseiten des Alltags möglichst rasch zu vergessen. Ärgerlicherweise war die Frau kleptomanisch veranlagt, heutzutage längst eine anerkannte psychische Störung, die zweifellos für die Betroffene nervenraubende Reibereien und wiederholte Aufenthalte auf einer Polizeiwache zuwege brachte. Inzwischen schluckten Karl und seine Frau regelmäßig antidepressive pharmazeutische Produkte, welche wiederum ein unnötig schlaffes und inhaltsloses Verhalten an den Tag legte. So ertrug das Paar die alltäglichen Verpflichtungen nur noch mit viel Mühe. Allerdings kam es auch vor, dass sie sich von einer Sekunde auf die andere völlig unkontrolliert gehen ließen. Nebenbei besaß Karl einen Hund, einen hellbraun kastrierten Boxer, mit dem er unzertrennlich seine Wege ging und der normalerweise niemals von seiner Seite wich, obwohl das Tier beim geringsten Anlass unerträglich lang zu bellen begann, als ob ihn jemand gebissen hätte.
Während die Tour de France nun endlich ihren glücklichen Gewinner im Gelben Trikot krönen konnte, während die Franzosen gleichzeitig eifrig wie die Insekten in Richtung Strand und Meer strömten und während der Sommer träge und angenehm faul dahin wehte, saßen Benno, Karl und die alte Nachbarin wieder einmal zusammen im Wohnzimmer und schauten irgendwie hypnotisiert auf den kastrierten Boxer, der gerade dösend gegen einen der Sessel angedrückt lag. Schließlich fragte Benno interessiert:
„ Sag mal, Karl … weißt Du nicht zufällig, wo man auf die Schnelle einige Euros verdienen könnte?“
Karl machte erst ein nachdenkliches Gesicht, aber antwortete dann:
„ Also, bei der Müllabfuhr suchen die noch Leute, … das weiß Ich von einem, der dort arbeitet … das ist  so sicher, wie das Amen in der Kirche!“
Benno winkte rasch ab: „ Nein, nein … Karl, so meine Ich das  nicht, … weiß du, ich muss gezwungenermaßen in einer relativ kurzen Zeit viel Geld verdienen, … nämlich möglichst bald!“
Plötzlich mischte sich die alte Nachbarin in das Gespräch:
„ Benno, du solltest es einmal mit Lotto versuchen, … mit 6 Richtige können wir dann zu dritt alle nach Florida fliegen, … also wirklich, ich wollte mir dort schon immer diese Ballspiele der cleveren Delphinen anschauen.“
Eigentlich ähnelte die Glücksspielindustrie, zu welchem auch das „Lotto“ gehörte, der allgemeinen Weltpolitik, wie die Faust aufs Auge. Nicht ohne Grund galt im Volksmund, dass man im Lotto oder im Kasino nur verlieren konnte. Nachdem die Politik aus Eigenbelang den verschiedenen Bevölkerungsschichten das Blaue vom Himmel versprach, interessierte es anschließend sowieso niemanden mehr. Sobald einmal ein Produkt erschaffen, verkaufstüchtig und werbeträchtig in Umlauf gebracht worden war, ein sogenanntes  Gesicht bekommen hatte, schob sich das Ganze völlig selbständig an die nächste Müllhalde heran; so einfach war die Geschichte. Die lukrativen Glückspiele, wie auch die Wohltätigkeitsveranstaltungen oder Tombolas in den üblich glitzernden Fernsehshows, oft vermischt mit sogenannten Hilfsaktionen, denen so oder so niemanden mehr traute, liefen immerhin mit wissenschaftlichen Untersuchungen nach den Ursachen von Krebskrankheiten und Herzleiden oder auch Rettungsaktionen für die bedrohte Natur-und Tierwelt zusammen. Außerdem steckten meistens die gleichen Leute, gut abgeschirmt und verdeckt durch die Finanzwelt, Anwälten und anderen dubiösen Figuren. Der persönliche Gewinn machte die Musik. Nach gewissen Berechnungen mussten zurzeit  etwa  820 Millionen Menschen ohne Wasser, Strom und Hygiene auf unseren Planeten auskommen, und die Prognose war, dass ihre Anzahl noch stetig steigen dürfte. Dennoch nahmen Politiker, Sportler, bedeutende Medienfuguren und Künstler an eigens für sie organisierten Wohltätigkeitsveranstaltungen teil. In bester Laune und voraussichtlich in bester Absicht spendeten diese Privilegierten einer gnadenlosen Konsumgesellschaft Millionen und Millionen von Euros, obwohl die gleichen Leute sehr genau wissen, das ihr Geld recht bald im Sande versickern werde. Selbst die kirchlichen Institutionen griffen schon seit langem mit ihren heiligen Fingern in den gewinnbringenden Brei hinein. Auch die Kirche kannte da keinerlei Hemmungen. Unter einer Reihe von Tarnungen schoben sich die Herren bereitwillig ganze Kuchenstücke zu. Kein Wunder, das die Armut bis heute auf der Strecke bleiben musste. Schließlich war es ziemlich einfach für diese Mitbürger in einem nagelneuen Mercedesmodell der S-Klasse einzusteigen, 4-bis 5-mal pro Jahr den bevorzugten Ferienort bestimmen zu können oder sich ausgiebig von der Gesundheitsindustrie verwöhnen zu lassen.  So wurden jenen Leuten tausende von Möglichkeiten geboten, um sich ja nicht zu langweilen. Dennoch hatte auch der Privilegierte zweifellos nur dieses eine Leben, diese eine Umwelt.
Unterdessen hatte Benno M. die Adresse eines gewissen zwielichtigen Herrn erhalten, der zurzeit in der Sonnenblumenstrasse wohnte und insgesamt 12 Jahre seines Lebens im Zuchthaus verbracht hatte. Hans, so hieß der Mann, war wiederholt  für verschiedene Raubüberfälle mit schwerer  Körperverletzung verurteilt worden und nun seit einer 3,5 jährigen Haftstrafe wieder einmal auf freiem Fuß. Deshalb meinte Karl:
„ Also Benno, … du gehst also mit einer Kiste Bier und einer Stange Zigaretten zu der Adresse und  meldest, das ich dich geschickt hätte, … und wenn Hans dich in seine Wohnung lässt, dann redest du erst einmal nur belangloses Zeug, … also, kein dummes Geschwätz, … warte einfach ruhig ab, … habe ein wenig Geduld, verstanden!“
Benno M. nickte nur und fragte: „ Woher kennst du den Mann eigentlich!“
„ Den kenne Ich schon so lange, … der hat mal einige Monate meine Alte gevögelt … nun ja, wer hat das  nicht! … auf jeden Fall Benno, sei ein wenig Kumpel, … trink mit Hans ein Bier und biete dich nicht um  jeden Preis an, … erzähle ihm erst einmal einen Witz oder so, … Mensch, das kann doch nicht so schwierig sein, oder!“
„ Was für einen Witz denn ?“  fragte Benno M. und schaute ihn fragend an.
„ Den mit Adolf, zum Beispiel, … über den lachen alle, … der geht so: … Frage: … warum hat Adolf Hitler  Selbstmord begangen? … Antwort: … weil er die Gasrechnung nicht mehr bezahlen konnte!“
Beide grinsten plötzlich: „ Mensch Karl, was für ein Witz ist das denn schon wieder!“
Früher war Hans in der Welt des groben Geldes und der schnellen Mädchen ein ganz großer seiner Zunft  gewesen. Doch die vergangenen Jahrzehnte hatten auch an ihm kräftig gezerrt. Schließlich blieb die Zeit für niemanden stehen, noch nicht einmal für ein kurzes Schwätzchen. Und wenn Hans schon wieder eine Haftstrafe antreten musste, kannte er dort im Gefängnis kaum noch jemanden. Inzwischen waren seine alten Weggefährten beinahe alle entweder an den Drogen oder am Alkohol gescheitert; was natürlich im Endeffekt keinen Unterschied machte. Mit seinem 125 Kg schweren Körper, den bunten Tatoeagen auf beiden Armen und dem dazugehörigen kahlen Schädel sah Hans eher aus wie eine Randfigur aus einem der billigen Horrorfilmen, die heutzutage kaum einer mehr sehen wollte und worin die Nebenfiguren zum Ende irgendwie immer ins Gras beißen mussten. Im Laufe der Zeit hatte Hans verschiedene Damen und Kindern auf seinem mit Gewalt gepflasterten Weg hinter sich lassen müssen, war zeitweise ein Drogendealer oder ein Zuhälter gewesen. Als Höhepunkte in seiner mit krimineller Energie gespickten Laufbahn galten die unfreundlichen Besuche bei verschiedenen Bankfilialen in kleineren  Städten, welche ihn dann für gewöhnlich auch Richtung Strafvollzug brachten. Nicht jeder Raubzug war erfolgreich. Nach den Berichten und Erzählungen anderer, die sicher, da und dort, eine sensationeller Variante hinzu gefügt haben müssten, gestaltete Hans sein Leben nach dem Motto „auf Teufel komm raus“. Das Beste ist gerade gut genug. Mittlerweile hatte er sogar bei den lokalen Hehlern seiner Branche einen ständigen Kredit; denn die wussten ja nur zu gut, dass der nächste Überfall schon längst geplant sein dürfte. Dennoch hatte sich in der Zwischenzeit einiges geändert. Selbst sein jahrelang persönlicher Strafverteidiger, der ihn in all den Prozessen vertrauensvoll beigestanden hatte, war vor Kurzem plötzlich verstorben. Oder auch die ihm bestens bekannten Polizeibeamten gingen letztendlich doch eines Tages in Rente oder hatten sich zwangsläufig irgendwo in Ostdeutschland zu Ruhe gesetzt. Als erfahrener Zuchthäusler kannte Hans alle Ecken der Gerichtssäle, beherrschte die Papierbürokratie des Strafgesetzes im Stehgreif, wie kein anderer, und bewegte sich in der Welt der Polizeiwachen, ähnlich wie ein Blinder in dessen eigener Hosentasche. Einer seiner wohleinstudierten Sprüche bei solchen Gelegenheiten mit dem jeweiligen Beamten war:
„ Also Chef, … wie gesagt, ich weiß rein Garnichts, … glauben sie mir, ich war zu Hause bei meinem Mädchen und weiter sage ich überhaupt nichts mehr, … nun, bringen sie mich schon mal in meine Zelle, morgen erscheint dann mein  Anwalt!“
Währenddessen hatte Hans triebhaft die dunkelsten Kanäle einer verborgenen Welt durchwandert, wie ein Traumtänzer auf dem Hochseil. Anschließend war er oft ein gerngesehener Gast bei  üppigen Feierlichkeiten unter Gleichgesinnten gewesen. Und wenn er mal wieder nach einem geglückten Überfall mit einer gefüllten Tasche voller Geld im besten Hotel der Innenstadt abstieg und verschwenderisch Geldscheine und Drogen unter die Leute streute, rieben sich die sogenannten guten Bekannten nur noch die Hände warm
Allmählich wurde der Sommer unerträglich, heiß drängten sich die Stunden aneinander und dabei schwitzten die Leute so schnell wie Schokolade. Angenehmerweise wehte ein Wind durch die riesigen  Eichen-und Kastanienbäume und nebenbei hörte man tatsaechlich dieses eigenartige Rascheln der Blätter, so wie  es nur der Hochsommer hervorzaubern konnte. In den aktuellen Nachrichten der Radio-und Fernsehsendern berichteten momentan alle davon, dass weltweit jeder 6. Bürger bald an Hautkrebs erkranken und möglicherweise an den Folgen sterben könnte. Gleichzeitig hatte die verantwortliche Instanz einen strikten Smogalarm für die gesamte Umgebung angeordnet; denn offenbar stieg mittlerweile der Schadstoffgehalt der Luft stetig in einen gefährlich gesundheitsschädigenden Bereich. Irgendetwas stimmte nicht mit der modernen Gesellschaft, irgendetwas war faul und irgendwie geriet allmählich alles aus den Fugen. Immerhin hatte  einer der fähigen Profipolitiker bei einer gutorganisierten regionalen Zusammenkunft, scheinbar ziemlich angetrunken, jedem bemüht versichert:
„ Liebe Mitbürger, meine Damen und Herrn … solange wir die Warenhäuser alle leer kaufen, zusammen  regelmäßig am spanischen Mittelmeeresstrand umher liegen oder solange wir das neuste Astramodell von Opel bestellen, … versichere ich ihnen, so lange ist doch die Welt noch in Ordnung, … oder etwa nicht!“
Bennos  erstes Treffen  mit Hans war ziemlich angenehm und zum beiderseitigen Vorteil verlaufen. Hans  hatte die Haustür geöffnet und dann neugierig die Kiste Bier und die Zigaretten bemerkt. Sofort meinte er erfreut:
„ Ach, du bist also der Weihnachtsmann,… komm rein, alter Bruder, … hinein in die gute Stube!“
Danach hatten beide besonders verständnisvoll geplaudert über das Leben, die Frauen, alte drogenabhängige Rockmusiker (wie zum  Beispiel  Keith  Richards) oder über die vielen denkwürdigen Stunden vor dem Fussballfernseher. Sichtlich angetan schlürften die beiden an ihrer Bierflasche und  Hans legte noch ein paar Striche vom weißen Pulver auf einen kleinen Spiegel, welche dann ruck zuck durch die Nase gezogen wurde. Alles war prima und großartig. Benno M. dachte noch zufrieden, dass er seiner Frau bald nur Gutes melden könnte. Als er dann später angetrunken und so richtig geil vom Kokain nach Hause kam, griff er sich erst einmal seine Frau und langte sofort zwischen deren Beine in die Unterwäsche hinein, strich sanft mit dem einen Zeigefinger zwischen die Schamlippen umher und machte  dabei eine unmissverständliche Aufforderung. Woraufhin Karin ihn verwundert fragte:
„ Sag mal Benno, … was ist denn mit dir los?“
Aber Benno hatte längst sein erregtes Glied aus der Hose befreit und versuchte nun fiebrig ihre  Unterwäsche hinunter zu ziehen. Auf einmal konnte ihn niemand mehr halten und deshalb spreizte  Karin die Beine. Schlussendlich ging alles schnell und immer schneller bis die beiden keuchend nach  Atem auf dem Wohnzimmerteppich schlaff liegen blieben.
Nach mehreren Treffen in den folgenden Wochen hatte sich herausgestellt, dass Hans, wie auch Benno, dringend Bargeld für ihre jeweiligen Bedürfnisse benötigten. Vor allem Hans fand das tägliche Dasein ohne jene wunderbaren Geldscheine in seiner Hosentasche unangenehm und vor allem ziemlich langweilig. Folglich hatte er mit einigem Nachdruck seine Fühler in der ihm bekannten Schattenwelt  ausstrecken lassen und wartete nun ungeduldig auf einen heißen Tipp mit den dazugehörigen  Informationen, um letztendlich den vielversprechenden Überfall ausführen zu können. Normalerweise war  ein Bruch unter der 50.000 Eurogrenze unter seiner Würde gewesen; doch im Augenblick brannte ihm die Geldnot, wie die Mittagssonne auf dem Wüstensand. Also meinte er gierig:
„ Weiß du, Benno … eigentlich sitze Ich lieber in einer Gefängniszelle, als hier ohne Geld in meiner Wohnung, … und mit dieser Arbeitslosenunterstützung kann man doch noch nicht einmal vernünftig  krepieren, … die vom Arbeitsamt, die sind doch nicht ganz dicht, … verdammt, wie soll man denn davon nur leben!“
Benno M. dagegen war nun heilfroh, dass es für ihn bald zu einer Lösung kommen sollte. Er war deshalb  mit Allem einverstanden, wenn er nur an dieses verdammte Geld  kommen konnte. Immerhin hätte er  dann den Serben Milan, wie zuvor verabredet, für seine Dienste auszahlen können, so das Karin ihren  verhassten Bruder endlich tot wusste und er voraussichtlich sein gewohntes Leben wieder aufnehmen würde. Auch ging er davon aus, dass wenn von seinem Teil der Beute etwas übrig bleiben sollte, er sich vielleicht einen langgehegten Herzenswunsch erfüllen könnte; nämlich den Kauf eines roten Sportwagens des Autohauses Alpha Romeo.

Früher gingen die Leute jeden Sontag um die gleiche Zeit gemeinsam in die Kirche und wurden dort mit einer vorgekauten Meinung vollgestopft, wie bei einer zu mästenden Ganz das Futter. Jahrhundertelang  hatten einige wenige Kirchenleute, wie die Maden im Speck, ihr Unwesen treiben können. Beschützt und getarnt hinter förmigen Reliquien spielten es die Kirchenobrigen oft viel bunt, als ob die Herren ein idyllisches und pittoreskes Märchenschloss bewohnten. Am Ende geriet beinahe alles ins Bodenlose. Allerdings hatte ein solches Verhalten mit dem Glauben und dessen Nächstenliebe nur wenig zu tun. Dagegen musste sich die Bevölkerung heutzutage ständig mit der gespenstischen und unerträglichen Welt der Werbespots und anderen Reklameaktivitäten einer gigantischen Werbeindustrie auseinander setzen. Das ganze Jahr über brachte die Werbebranche bis zur totalen Erschöpfung raffiniert ausgeklügelte, und zwar stündlich wiederholte Botschaften, um den Normalbürger das Anschauen der Werbefilme so einfach wie nur möglich zu machen. Auf keinen Fall wollte dieser arrogante und penetrante Industriezweig den Einfluss und die Kontrolle auf die vielen Millionen von Zuschauer verlieren. Dabei verwendeten die sogenannten Fachleute der Branche jede nur erdenkliche Hilfsmaßnahme und Unterstützung, die man sich aneignen durfte. Das Ganze war mal wieder eine  Frage des Gewinns und zum Nutzen einiger Wenige geworden. Dennoch, nicht zu vergessen, lief parallel dazu immerhin eine groteske Vergiftung und Zerstörung der Natur und die des Menschen mit.
Spät am Abend hatte Hans endlich die entscheidende SMS- Nachricht gesendet. Benno M. hatte für die Gelegenheit ein eigenes Handy eingerichtet; denn er wollte ihre Zusammenarbeit so unauffällig  wie nur möglich gestalten. Am folgenden Tag besuchte er Hans, der ihm ziemlich euphorisch und aufgeregt, wie ein Jagdhund, mitteilte, dass sie tatsächlich einen sogenannten Volltreffer, einen goldenen Tipp erhalten hatten. So sprach Hans von einer kleineren Firma auf einem Industriegelände entlang des linken Rheinufers, worin sich im Büroraum hinter der Zwischentür ein Geldschrank befinden und von welchem der leitende Angestellte der Firma zwei dazugehörige Sicherheitsschlüssel an seinem eigenen Schlüsselbund hängen hatte, welche sich wiederum während der Arbeitszeit in seiner Hosentasche befand. Nach den Informationen des Tippgebers hieß der Manager Erwin, hatte Frau und Kind zu Hause und müsste höchstwahrscheinlich nach der Meinung des  Informanten keine unmöglich zu überwindende Hürde sein. Weiterhin war zu berichten, dass die 8 zusätzlichen Mitarbeiter der Firma um 7 Uhr morgens ihre Arbeit aufnahmen, um dann wie ein Uhrwerk gegen 16 Uhr den Arbeitsplatz zu verlassen. Erwin, der Manager, dagegen blieb meistens noch etwa eine Stunde länger im Büro hängen, wegen der täglich anfallenden Büroarbeit. Danach verschwand auch er in Richtung Familie. Nebenbei konnte man das Ganze aus einer diskreten Entfernung vom Auto aus recht gut überblicken. Denn wenn eben der Volvo S60 von Erwin und kein anderes Fahrzeug oder Fahrrad vor dem  Firmengebäude auf dem Parkplatz stand, dann wussten Hans und Benno M. beinahe mit Sicherheit, das allein noch Erwin im Gebäude sein sollte. Das wäre natürlich die beste Zeit um los zu schlagen, eine bessere Change kam  garantiert so schnell nicht wieder. Eine besondere Rolle spielte auch die Tatsache, dass in der langen Firmengeschichte noch nie Überfall stattgefunden hatte, was die Sache für  die beiden vereinfachte. Unterdessen erklärte Hans bereitwillig:
„ Also Benno, jeden Freitag am Ende des Monats kommt ein Geldtransporter und dann werden die  Scheinchen aus dem Safe weggebracht,  … tja, das geschieht so oder so!“
„ Mensch, und um wie viel Geld soll es sich denn handeln?“ fragte Benno plötzlich.
Hans machte mit der einen Hand eine lose Bewegung in die Luft und wartete noch ein wenig um die Sache spannender zu  machen, bis er schließlich sagte:
„ Genaueres wissen wir nicht, doch es muss sich um einen höheren Betrag handeln; denn die Firma  untersucht diese Frachtkähne, … in den Laderäumen auf explosive Gase und so weiter, … diese Arbeit  dauert oft  mehr dann einen  halben Tag und wird meistens bar beglichen, … weil diese Rheinschiffer aus verständlichen Gründen am  liebsten mit ihrem sauerverdienten Schwarzgeld die Rechnung begleichen wollen. Und auch weil unsere Firma keinen Bock hat, um nichtbezahlten Rechnungen hinter her  laufen zu müssen, … also Benno, grob gerechnet, … muss am Monatsende bis  zu 150.000 Euro in dem Geldschrank liegen, … alter Bruder, was sagst du jetzt?“
Benno M. machte große Augen und meinte schließlich hoffnungsvoll:
„ Das klingt doch besonders gut, … Mensch, wann machen wir die Geschichte?“
„ Natürlich machen wir die Geschichte, … schon nächste Woche werden wir Erwin besuchen, … der wird sich dann freuen, … wahrscheinlich Mittwoch oder Donnerstag, … dann halten wir ihm eine Knarre unter die Nase, er öffnet den Geldschrank und wenn nicht, … dann bekommt er eine vor die Fresse und wir öffnen  selber den Geldschrank, … ja, und dann hauen wir wieder ab, … so wird das gemacht, alles klar!“
Hans legte sich erst einmal  bequem in seinem breiten Sessel; beide waren nun so richtig zufrieden und  sahen schon die Geldscheine rollen und umherfliegen.
Der Hochsommer neigte sich langsam dem Ende entgegen; erfreulicherweise wurde die Hitze   erträglicher. Den ganz großen Auftritt hatten nun die Stechmücken. Viele Bürger kamen braungebrannt von ihren Ferienorten zurück, obwohl man in den Medien zuvor eindringlich vor den schädlichen und krebserregenden Strahlungen gewarnt worden war, wie das eben auch für das Rauchen galt. Am Nachmittag saß Benno wieder einmal bei der alten Nachbarin unter dem blauweißgestreiften Sonnenschirm im hinteren Teil ihres Gartens und trank Kaffee. Während die beiden von dem ausgezeichneten Geschmack der diesjährigen Erdbeerernte, den riesigen Sonnenblumen und dem imposanten Kirschbau in der einen Ecke des Gartens sprachen, kam plötzlich Erna, die Frau von Karl, weinend um die Ecke des Hauses in den Garten hinein gelaufen. Tatsächlich sah die Frau aus wie ein Skelett mit einer Vielzahl von Sommersprossen im Gesicht, wobei ihre Augen tief im Gesicht eingebettet lagen. Normalerweise würde Erna ihre Schwiegermutter nie aufsuchen, denn die zwei konnten sich nicht riechen. Außer Atem und ohne Groß zu grüßen setzte sie sich zu den beiden unter den Sonnenschirm und schluchzte :
„ Verflucht noch mal, die Polizei hat Karl auf die Wache gebracht, … der hat doch in der Kneipe wirklich  jemanden abgestochen, … dieser Idiot !“
Die Alte reagierte wie immer als Erste: „ Ja, ja … das wird sicher wieder deine Schuld gewesen sein, du  miese Schlampe!“
Später waren Benno und Erna mit dem Wagen zu Hans gefahren. Als Hans seine Haustür öffnete und auf einmal Erna erkannte, rief er laut:
„ Erna, du willst doch nicht schon wieder ficken, … Menschenskind!“
Im Wohnzimmer erklärte Benno erst einmal rasch die letzten Ereignisse und Hans meinte nur:
„ Also, das ist doch einfach, … Karl braucht ab sofort einen guten Anwalt, … meiner hat leider vor drei  Monaten ins  Gras beißen müssen … Leute, aber so ein Anwalt ist nicht billig, das kann ich euch sagen …  da kommt Einiges beieinander, … also, 3000 bis 50000 Euro ganz sicher, … tja, und das wird nur der Anfang sein, … leider!“
Inzwischen hatte Benno eine Idee und erklärte, dass man am besten den Arbeitsgeber seiner Frau, nämlich den Anwalt Lindenberg, ansprechen sollte; weil der doch für solche Geschichten bekannt ist, wie ein bunter Hund.
Glücklicherweise wurde Karl schon nach drei Tagen auf freiem Fuß gestellt. Jedenfalls war er heilfroh so schnell wieder die karge Gefängniszelle verlassen zu können. Die Nächte dort hatte er zum größten Teil  schlaflos und mit verworrenen Angstzuständen verbringen müssen, ähnlich wie eine Maus in der Käsefalle. Nur mit einer Decke versorgt lag er auf der kahlen Schlafgelegenheit und starte stundenlang  gegen die gespenstische Zellentür. Scheinbar hatten auch andere Häftlinge ihre Schwierigkeiten; denn so hörte er deutlich einen der Mithäftlinge außer sich vor Angst bis früh in den Morgen schreien und ständig panisch gegen die Zellentür treten. Zwar hatte man Karl einmal pro Tag eine halbe Stunde im Innenhof zum Rauchen und Luftschnappen gegönnt, doch ein Zuckerschlecken lief anders. Natürlich hatte sein Anwalt, der Herr Lindenberg, wie erwartet ganze Arbeit geleistet und Karl jede Hilfe gewährt. Schließlich waren selbst die wahrnehmenden Polizeibeamten ziemlich verwundert, dass man in dieser  Angelegenheit ein so hohes Tier hinzuzog. Tatsache war, das Karl und seine Ehefrau an jenem bewussten Abend schon früh in der Kneipe „Zum Löwen“ zusammen gehockt hatten und sich in der Zwischenzeit  wiederholt Bier und Schnaps servieren ließen, bis Erna später mit einem der Neuankömmlinge anbändelte, was danach im unbeleuchteten Hinterhof der Kneipe zum  freiwilligen Geschlechtsverkehr geführt haben soll. Auf jeden Fall hänselten in der Kneipe daraufhin mehrere anwesende Personen Karl wegen des geilen und ordinären Verhaltens seiner Ehefrau. Und obwohl das alles auf diese Weise nicht zum ersten Mal geschehen war, zerschlug Karl plötzlich wütend eine Bierflasche und stach dann einen seiner Peiniger damit in dessen Magengegend, was wiederum nach einigem Hin und  Her die Polizei auf dem Plan rief. Nach einer erfolgreichen Sputoperation lag das Schlachtopfer dann in einem künstlichen Koma,  brauchte aber erfreulicherweise nicht mehr um sein Leben zu bangen. Am Ende verlief diese unsinnige Geschichte für Karl in relativ erträglichen Bahnen; was blieb, waren nur die horrenden Anwaltskosten des Herrn Lindenbergs, für die eben später irgendjemand aufkommen musste.
Wieder einmal zog sich ein Sontag in die Länge. Während riesige weiße Wolken, wie eine Herde schwerfällige Milchkühe, vorbei strömten, blies vom Westen her hoch über den Dächern der Stadt ein böiger Wind hinweg. Schon wieder einmal glänzte und funkelte auf dem Bildschirm um die Mittagszeit ein renommierter Moderator in seiner Politshow, wie Sterne am klaren Nachthimmel. Eigentlich war Benno gerade im Begriff mehrere Sachen nach Hans zu bringen, aber das sinnlose Geschwätz des  Medienmannes bracht ihn dermaßen in Rage, das er verärgert lauthals um sich rief:
„ Verdammte Scheisse, die Leute dort morden und sterben in der Region schon seit mehr dann 50 Jahre und dieses  Arschloch bringt schon wieder etwas über den Nah-Ost Konflikt, … zum 250. Mal wird wieder einmal  etwas gesendet, dieses verdammte Arschloch, … und nicht einen vernünftigen Gedanken, … diese verdammten Bildschirmwickser!“
Sogar Karin schaute neugierig von der Küche her in Richtung Wohnzimmer, obwohl sie gerade mit der  mit der Hand einzelne Kleidungsstücke ihrer geliebten Barbiepuppen waschen wollte. Schließlich sagte  sie zu Benno:
„ Liebling, was regst du dich denn so auf, … was geht uns das Leben dieser Israelis und Araber denn an!“
Später saß Benno mit zwei Farbigen aus Nigeria im Wohnzimmer von Hans und warteten ungeduldig auf  das Erscheinen des Hausherrn, der jedoch in dem Augenblick im Schlafzimmer nebenan, nicht gerade  geräuschfrei, Erna, die Frau von Karl, ficken durfte. Die zwei Farbigen dagegen arbeiteten für einen Art  Drogentaxi, die man mit einer SMS-Nachricht einfach und unauffällig aufrufen konnte und die dann innerhalb von 45 Minuten mit den gewünschten Drogen vor der jeweiligen Haustür standen. Aus Sicherheitsgründen kam man zu zweit, um einander bei einem möglichen Ripdeal eventuell decken zu können. Leider mussten sie sich nun noch ein wenig gedulden. Während alle deutlich das Gepiepe der  Matratze und das Gestöhne von Erna und Hans durch die Zwischenwand zum Schlafzimmer wahrnehmen konnten, dachte sich Benno, das es vielleicht doch besser sei ein Gespräch zu beginnen und so fragte er die Nigerianer höflich:
„ Boys, sagt mal … wie gefällt euch das Leben hier in Westeuropa?“
Erst schaute der eine Schwarze etwas misstrauisch zu Benno hinüber, grinste dann aber ein wenig vor sich und meinte in gutem Deutsch:
„ Die meisten Leute hier sind doch völlig hilflos und oft wirklich einsam, … die glauben doch tatsaechlich, dass wenn man sich nur etwas kaufen kann, das es dann besser wird, … ansonsten muss Ich hier im reichen Westen unbedingt dafür sorgen, das drüben in Nigeria  jeden Tag 14 Mäuler etwas zu fressen bekommen, … Bruder, du verstehst es sicher, nicht wahr!“
Unterdessen kam Hans eiligst und nur mit einer Unterhose bekleidet ins Wohnzimmer gehetzt und  versuchte nun verschwitzt seine Geldbörse zu finden:
„ Liebe Leute, …  entschuldigt vielmals für das lange Warten, … sorry, es wird auch ganz sicher nicht wieder vorkommen …  Jungs, hier habt ihr 20 Euro extra, … bitte schön!“
Natürlich meinte Hans damit die zwei Nigerianer, und als diese und auch Erna gegangen waren, bemerkte er noch fröhlich zu Benno:
„ Die beiden, die sind so schwarz, … die brauchen sich garantiert nie zu waschen, … Mensch, das ist dann   doch wirklich einfach, … und man spart auch noch Wasser, … oder etwa nicht!“
Am Mittwoch war es dann endlich so weit; gegen 4 Uhr nachmittags warteten Hans und  Benno nervös  in einem kleinen, weißen Lieferwagen, den sie einige Stunden zuvor irgendwo in der Innenstadt  entwendet hatten, und beobachteten von dort aus gespannt jenes Gebäude, welches zuvor  durch den Tippgebers in allen Einzelheiten haargenau beschrieben worden war. Von ihrem Standplatz aus konnten die beiden recht gut die Büroräume mit daneben den Haupteingang und Firmenparkplatz überblicken und hatten dabei zu ihrer Zufriedenheit festgestellt, dass alle 8 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz gegen 16 Uhr verlassen hatten, außer Erwin natürlich, den leitenden Manager der Firma; denn dessen Volvo stand nämlich noch ordnungsgemäß auf dem Parkplatz. Also musste Erwin auf jeden Fall noch im Gebäude sein; so wie es der Tippgeber vorausgesagt hatte. Inzwischen stieg die Spannung zum Zerreißen und Hans zog es schließlich vor, sofort los zu schlagen. Er fuhr den Lieferwagen auf das Firmengelände und beide Männer stiegen aus. Beim Betreten des Seiteneinganges zum Lagerhaus setzten sich die Zwei dann, wie vorher verabredet, rasch die mitgebrachten Karnevallsmasken auf, Hans nahm die 9 mm Browning von Benno in die rechte Hand und gab den alten schwarzen Polizeischlagstock aus einer Plastiktüte weiter an Benno. So liefen sie durch die Zwischentür an den Toiletten und der Umkleidekabine vorbei, an die Büroräume heran; als sie plötzlich eine Männerstimme undeutlich aus einem der Räume sprechen hörten. Scheinbar führte Erwin in dem Augenblick ein Telefongespräch und Hans gab Benno vorsichtig ein Zeichen um eine Weile zuwarten. Sobald aber Erwin das Gespräch beendet und den Telefonhörer wieder aufgelegt hatte, stürmte Hans mit seiner Browning im Anschlag um die Ecke ins Bürozimmer und schrie gierig, wie ein Raubtier:
„ Erwin, dies ist ein Überfall, … Geldschrank öffnen!“
Wie erwartet starrte Erwin die Beiden mit den Karnevallsmasken erst einmal völlig entgeistert an, als ob er sich gerade im Kino in einem Horrorfilm befand. Im ersten Moment begriff er überhaupt nichts mehr und Hans musste den Manager eine harte Ohrfeige verpassen, um ihm von seinem Shock zu befreien. Im Grunde war Erwin kein dummer Mensch und begriff ziemlich schnell, dass es für ihn hier um Einiges ging. So  öffnete er so schnell wie nur möglich mit seinen Spezialschüsseln den Geldschrank, schob die gepanzerte Tür zur Seite und trat dann respektvoll ein wenig zurück.
Dennoch geschah nun das, wovon eifrige  Biologen und Tierforscher nach jahrelang intensiven Untersuchungen bei Menschenaffen analysiert hatten, das es beispielsweise dem Gorilla tatsaechlich möglich ist, innerhalb eines Augenaufschlages festzustellen, ob jemand angenehm oder unangenehm, ob eine Situation gefährlich oder ungefährlich für die Tiere werden könnte. So hatten auch Hans und Benno M. in den offenen Geldschrank hineingeschaut und sofort innerhalb eines Augenaufschlages erkannt, dass es sich bei den dort deponierten Geldscheinen nicht um den von ihnen so heißersehnten Betrag, sondern unerfreulicherweise statt der 100.000 bis 150.000 Euro nur um etwa 18.000 Euro oder ein wenig mehr nur handeln konnte. Sofort nach dieser Feststellung sah man den beiden die große  Enttäuschung. Ratlos begann Benno M. die Geldscheine mehrere Male durch zu  zählen; doch kam er leider nur auf ganze 18300 Euro. Daraufhin fragte Hans den  Manager der Firma wütend:
„Erwin, … wieso ist da so wenig drin?“
Woraufhin Erwin brav erklärte, das auf Anordnung der Versicherungsgesellschaft die Geldtransporte aus Sicherheitsgründen in kürzeren Abständen zu erfolgen hätten. Infolgedessen erschien der Geldtransporter nun mindestens dreimal und nicht wie früher einmal pro Monat. In diesem Monat war  das noch am letzten Freitag geschehen, so dass sich deshalb nur ein relativ kleiner Barbetrag im Safe befand. Kein Wunder, das Hans besonders laut vor sich hin fluchte.
Mittlerweile hatten die beiden den Manager Erwin an seinem Bürostuhl gefesselt und ihn noch einmal dringend darauf hingewiesen, der Polizei unter allen Umständen keine brauchbaren Hinweise zu liefern; denn das könnte ihn, seiner Frau oder Tochter mitunter teuer zu stehen kommen. Auch von einer  Gefängniszelle aus hätte einer wie Hans so seine Möglichkeiten. Anschließend machten sich die zwei aus dem  Staub. Nach einer Stunde etwa, nachdem sie von Fahrzeug gewechselt hatten, rief Hans mit Erwins Handy dessen Frau an, um ihr die Situation zu erklären, so das Erwin nicht ewig in seinem  Bürostuhl gefesselt zu hocken brauchte. Zu Hause angekommen ließ sich Benno M. erst einmal in seinem breiten Ledersessel fallen, bevor er seiner Frau von den peinlichen Tagesgeschehnissen berichtete. Während Karin ihm eine Flasche Bier brachte, rechnete Benno M. ihr ziemlich genau vor, das nach der  Begleichung der anfälligen Anwaltskosten des Herrn Lindenberg, welche Benno M. dummerweise für  Karl auf sich genommen hatte, von dem Beuteanteil nicht viel mehr übrig bleiben würde und das er in seinen  Bemühungen um die Anzahlung für den Auftragsmord an ihren Bruder aufzubringen, leider keinen Schritt vorangekommen war. Also musste der Serbe Milan, wie auch Karin, sich weiterhin in Geduld  üben. Übrigens hatte sich Hans bereits wieder mit seinem Informanten in Verbindung gesetzt und um einen weiteren Tipp gebeten. Nach langem Hin und Her meinte Karin dann ein wenig verstimmt aber auch irgendwie hoffnungsvoll:
„ Liebling, wenn Ich dich richtig verstanden habe, … dann lebt mein  Bruder noch immer, jedoch nicht  lange mehr, … oder nicht?“
Der Sommer und Wochen vergingen. Und auf der Autobahn drückten sich die Fahrzeuge inzwischen aneinander, wie die Bierflaschen an der Abfüllanlage einer Brauerei. Wieder einmal begannen sich die Leute in den Warenhäusern zu drängeln; denn das monatliche Gehalt musste ja unbedingt rollen und fließen. Während auf den Bildschirmen die Politiker glänzten und umher schaukelten, hatten diese sich schon längst auf den nächste Wahltermin vorbereitet; wie immer gutgelaunt und in Vollbesitz aller Kräfte. Unterdessen erschienen an den Kiosken erneut jene nutzlosen und aberwitzigen Wochenzeitschriften mit ihrer penetranten Fracht, welche vor allem den hundertausenden von zahlenden Hausfrauen besonders hartnäckig eingetrichtert werden sollte. Mit allen denkbaren Tricks wurden die weiblichen Mitbürger überall geradezu eingelullt und dabei so manches imaginäre Luftschloss untergejubelt.
Immerhin wollten die Leute so lange wie nur möglich alles miterleben. In Japan hatte doch tatsaechlich   ein uralter Mann von 111 Jahre auf die gewöhnliche Frage eines Zeitungsreporter höflich geantwortet:
„Tja, mein  Herr, … sterben will ich sicher noch nicht!“
In der Zwischenzeit hatte sich Karl mit einem Strauß Blumen bei Benno M. und Karin persönlich für die  Hilfe bedankt; denn ohne die jahrelange Erfahrung des Anwalts Lindenberg säße er  höchstwahrscheinlich noch immer in der kahlen Gefängniszelle. Es war ihm sowieso schleierhaft wie der Jurist seine Angelegenheit so effektiv deichseln konnte. Danach waren Benno M. und Karl zu dessen Mutter, der alten  Nachbarin gegangen, um diese für die Bezahlung der restlich ausstehenden  Anwaltskosten zu  bitten, was die alte Hexe jedoch stur und dominant ablehnte:
„ Von mir bekommt der keinen Euro, … der blöde Penner!“
Zwei Tage später löste sich die leidige Angelegenheit von alleine. In  der Nähe des Bahnhofs musste  Benno M. in den Mercedes vom Anwalt Dr. Lindenberg einsteigen und dann fuhr man an einigen Straßenecken vorbei auf einem bestimmten Parkplatz. Im Innenraum der Nobelkarosse roch es stark nach teurem Leder. Der Anwalt saß in einem schicken Maßanzug und mit einer kostbaren Schweizer Armbanduhr am Handgelenk hinter dem  Lenkrad und erklärte auf einmal kurz und sachlich, dass Benno M. in Den Haag (Niederlande) ein Päckchen abholen und es danach bei ihm in der Kanzlei abgeben musste. Es verstand sich von selbst, dass das Päckchen auf keinen Fall geöffnet werden und dass bei einer möglichen Untersuchung durch die Polizei sein Name nicht erwähnt werden durfte. Danach aber gehörten die restlichen Anwaltskosten der Vergangenheit an. Und wie sagte man noch im Volksmund so schön:
„ … eine Hand wäscht die andere“.
Nach dem Gespräch erhielt Benno M. einen Zettel mit einer Telefonnummer, wonach sich Benno  mit den Worten melden sollte:
„ Mein Name ist Franz Beckenbauer und ich trage heute die Nummer 9!“
Alles in Allem konnte die Sache so schwierig doch nicht sein. Angenehmerweise begleiteten ihn Karl und dessen kastrierter Boxer während der Autoreise. In Den Haag angekommen, fuhren sie sofort nach  Scheveningen ans Meer und schauten dort erst einmal interessiert durch ein feststehendes Fernrohr weit über die Nordsee hinweg. Anschließend machten die beiden von der Strandpromenade aus einen Rundgang auf dem Pier entlang. Während der Hund wieder einmal unbedingt aufgeregt bellen musste, blies ein ziemlich böiger Wind von der See her in ihre Gesichter. Wie vorher abgesprochen brachte dann ein Ausländer, wahrscheinlich ein Türke, pünktlich das Päckchen und so verließen Benno M. und Karl wiederum den Strandboulevard von Scheveningen in Richtung deutsch-holländische Grenze.
Während des letzten Krieges und auch einige Jahre davor hatte Dr. Goebbels noch wie verrückt seine  Propagandaphrasen durch alle Rundfunkkanäle geschrien. Unterdessen starben irgendwo in Russland  hunderttausende von Soldaten und Zivilisten an beiden Seiten, wie die Fliegen. Gleichzeitig schickte Adolf Millionen von Juden ins Gas hinein; bis heute das Ungeheuerlichste und noch nie Dagewesen in der Menschheitsgeschichte. Zu mindestens von dem die Leute wussten. Heutzutage versuchte der  gewöhnliche Bürger mit seiner Fernbedienung durch das Dickicht von Werbespots und an funkelnden  Reklameflitzen vorbei zu kriechen, um möglichst die massive und verworrene Leere der Medienwelt entgehen zu können. Fluchtartig  wechselten die  Leute immer wieder von Sender zu  Sender und  versuchten sich auf diese Weise vor den Millionen und Millionen von grässlichen und gefräßigen Fernsehbildern zu schützen, die die  Werbeindustrie, wie ein Vampir, jeden Tag  aufs Neue auf die Bevölkerung losschleuderte. Vergeblich drückten die Leute die  Lautstärke ihres Fernsehers auf den Nullpunkt. Verhältnismäßig nüchtern leugneten dieselben Zuschauer jene Präsenz von Versprechungen und Angeboten einer unerträglichen Reklamelogik. Dazu wirbelten eine endlose Flut von Bildern und Geräuschen grausam in den Menschen hinein, um dann letztendlich als eine Art von Halbtoter vor dem Fernsehapparat dahin zu vegetieren. Früher einmal, während des letzten  Krieges, konnte der Bürger, wenn die feindlichen Flugzeuge mit ihren Bomben kamen, in den  Luftschutzkeller. Heute dagegen gibt es einfach keinen Schutz mehr.
Am Sonntag, gegen 14 Uhr, war wieder einmal die Welt der Formel 1 an der Reihe. Eigentlich dachte  Benno M. den Nachmittag gemütlich im eigenen Sessel vor dem Fernsehapparat verbringen zu können; doch Hans hatte ihn zu seinem Geburtstag  eingeladen. Und obwohl Benno M. solche Zusammenkünfte äußerst verhasst waren, musste er diesmal in den sauren Apfel beißen. Außer ihm schien sowieso niemand ein Interesse zu haben. Selbst Erna, die Ehefrau von Karl, die sonst keinen „ Fick“ sausen ließ, wollte noch nicht einmal erscheinen. Beim Betreten der Wohnung roch es nach Kaffee und Kuchen. Dazu tönten aus dem Hintergrund leise die alten Ohrwürmer von Neil Diamonds durchs Wohnzimmer. Als er aber auf einmal die beiden beinahe lebensechten Puppen am Esstisch auf 2 der 4 Stühle sitzend zu sehen bekam, war es auch für seine Verhältnisse ein wenig zu viel des Guten. Auf zwei der Stühle nämlich hockte spärlich bekleidet und mit allem drum und dran versehen jeweils eine weiblich lebensgroße Mädchenpuppe. Entgeistert blickte er nun auf die beiden sogenannten Damen und wusste tatsaechlich nicht, was er dazu sagen sollte. Schließlich meinte  Hans grinsend mit einer heißen Kahne Kaffee aus der Küche kommend :
„ Benno, setz dich doch … tja, da stauntest du aber, … alter Bruder, darf ich euch übrigens miteinander  bekannt machen, … hier an der linken Seite, das ist Heidi aus dem Berneroberland und daneben sitzt  Chin-Chin aus Taipeh, … leider können wir heute an meinem Geburtstag Claudine aus Paris, meine dritte Zuckerpuppe, nicht unter uns begrüßen, weil die eben zur Zeit bei einer bestimmten Firma restauriert wird, … eigentlich schade, das wäre jetzt mit den Dreien so schön gewesen!“
Inzwischen begann Hans allen vier die Tassen mit Kaffee zu füllen und dazu  Apfelstrudel mit   Schlagsahne zu servieren.
„ Ja“ meinte er stolz: „ Die drei Süßen haben mich ungefähr 15.000 Euro gekostet, … wenn man die  Design-Unterwäsche und den teuren Schmuck mitrechnet, …  aber, ich muss sagen, meine Mädchen  sind mir das Geld allemal wert!“
„ Du vögelst und redest mit allen dreien?“  fragte Benno scheinbar interessiert und fasste dann der Heidi neugierig in den schwarzglänzenden BH, um so an die Brustwarzen zu gelangen. Anschließend versuchte er in die Unterwäsche an jene offene Stelle zwischen Beinen zu fassen; etwa  so wie man einen  Fahrradschlauch befühlt, um zu wissen, ob noch genug Luft darin ist.
 „ Verflucht, das ist ja wirklich alles wie echt!“  rief Benno überrascht.
Daraufhin erklärte Hans ausführlich, das der Fabrikant der erotischen Puppen normalerweise eine  masturbierende und vibrierende künstliche Vagina installierte, welche beim Kunden offensichtlich  schnell einen Orgasmus zu Wege bringen sollte; denn beim Hineinstecken des steifen Gliedes in die künstliche Vagina sogen sich die beiden Schamlippen sofort eng  an den Penis, was wiederum ein  fantastisches Gefühl verursachen musste. Und selbst anal hatte man erfreulicherweise alle Möglichkeiten. Schließlich versprach jede Puppen mit den bewegend lockenden Augen, den glänzend lebensechten  Haar  und einem sensuell vibrierenden Mündchen für den Kunden ein geiles Spektakel ohne die üblichen Probleme. Die Haut, eine sogenannte Cyberskin-Haut, fühlte sich dabei an, wie bei einer echten Frau. Außerdem konnte man die Möse nach Gebrauch einfach herausnehmen und reinigen. Für alles war gesorgt. Weiterhin ließ sich berichten, dass für Hans die künstlichen Puppen nicht nur ein geilerotisches  Interesse zu Grund lag. Im Laufe der Jahre waren seine Mädchen für ihn eine Art eingeschworene Familie geworden; auch wenn er noch ab und zu mit Erna oder mit einer Prostituierten ins Bett stieg. Allerdings wäre es für den objektiven Beobachter vermutlich besser, um diese spezielle Form der Sexualität nicht unbedingt begreifen zu wollen. Man stelle nur einmal einen Pädophilen und dessen sexuelle Vorliebe vor; das wäre für einen gewöhnlichen Heterosexuellen schon ziemlich schwierig, wenn nicht unmöglich.
Langsam neigte sich auch dieser Sonntag. Benno schaffte es gerade rechtzeitig zurück zum „Tatort“. Seine Welt sah eben anders aus, als die von Hans.
Vier Tage später pickte die Polizei plötzlich Hans, wie aus heiterem Himmel, aus der Straßenbahn heraus, nachdem er zuvor einen Schaffner blutig und bewusstlos geschlagen hatte. Erstens einmal besaß er während der Fahrt keinen gültigen Fahrschein und als es daraufhin zu verschiedenen sinnlosen Handgreiflichkeiten kam, wobei er den auf dem Boden liegenden Schaffner mehrmals in den Unterleib getreten und den armen Mann auch noch mit dem Kopf durch die Scheibe gedrückt hatte, waren natürlich mehrere Ordnungshüter auf der Bildfläche erschienen. Überall spritzte das Blut und begreiflicherweise schrie der von Todesängsten gepeinigte Schaffner wie am Spieß. Ziemlich angetrunken und steif vom Kokain hatte Hans wieder einmal alle menschlichen Grenzen überschritten und hatte In der Tram getobt, wie ein Irrer, bis er sich, ausgerast und erschöpft, schlussendlich in einen der Sitzgelegenheiten niederpflanzte und den Rest nur noch teilnahmslos abwartete. Inzwischen hatte die Polizei die stehende Straßenbahn mit einigen Dienstautos umzingelt und den Tatort vorsichtshalber vor Schaulustigen abgeriegelt. Schließlich stürmten die Beamten die Straßenbahn. Anschließend wurden Hans und der schwer verletzte Schaffner abtransportiert; der eine in Richtung Polizeiwache, der andere in Richtung Hospital. Wie man sich denken kann, musste die Geschichte für jemanden so als Hans und dessen ellenlangen Vorstrafenregister ein böses Nachspiel haben. Auch mit der Unterstützung eines erfahrenen Anwalts schaute es diesmal gelinde gesagt Übel aus.
Seine zweite Heimat, der Strafvollzug mit all den miesen Randerscheinungen, sollte ihn bald fest in den Klauen halten.
Mit dem weltweiten Handelsprodukt Kokain verhielt es sich eigentlich wie im frühen Mittelalter mit  dem Salz. Damals nämlich hatte das Salz durch plausible Umstände eine  lebenswichtige Bedeutung im  gemeinschaftlichen Leben der Bürger erhalten. Auch weil die Leute auf diese Weise Fleisch und Fischwaren auf eine längere Zeit hinaus recht gut konservieren konnten, was die Bewohner wiederum einfacher durch den kargen Winter brachte. So kam es, das man mit dem Salz auch Güter oder andere Handelswerte tauschen konnte; eben für alle Beteiligten ein ungeheurer Vorteil. Heutzutage geschieht das Gleiche mit dem Kokain, nur verdeckter. Unter dem Motto: „ niemand ahnt etwas” lief der lukrative Handel oft äußerst vorteilhaft für alle Beteiligten.
Unterdessen galt für den Manager, Arzt, Fußballtrainer, Politiker oder Fernsehmoderator und natürlich auch für so viele andere Figuren im gesellschaftlichen Hin und Her ausschließlich die eigene persönliche Präsentation; weil sich der Kunde nämlich nach dem Einnehmen von Kokain wesentlich dynamischer und selbstbewusster fühlte denn je. Immerhin verdiente so  mancher Gesetzlose mit dem Anbau der Pflanze oder mit dem Schmuggel und Vertrieb der Droge ein schönes Zuckerbrot. Im Wert von Milliarden Euros wurde weltweit geschnupft und inhaliert und ein Ende war noch lange nicht in Sicht. Gleichzeitig hungerten auf dem Planeten etwa  820 Millionen Menschen vor sich hin und hatten weder Zugang zu Strom noch fließend Wasser; gezwungenermaßen ein Dasein ohne jede Hygiene und eine Gesundheitsversorgung.
Mit der Unterstützung von der Politik und Justiz lauerten die Finanz-und Immobilienhaie, mittlerweile gutgetarnt und äußerst souverän, an jeder möglichen Ecke, um die gigantischen Gewinne des Dealers sorgfältig zu platzieren. Ordnungsgemäß mussten die Gelder irgendwohin deponiert werden, so dass keine Behörde oder Instanz die friedliche Idylle noch beeinträchtigen konnte. Die kriminelle Schattenwelt und die intellektuelle Oberschicht der Lebensgemeinschaften hatten sich längst arrangiert und wanderten nun gemeinsam, wie zwei hechte Zwillingsrüder, Hand in Hand in eine zauberhafte und üppige Zukunft. Dennoch stank das Ganze natürlich zum Himmel.
Zufällig hatte Erna von der Verhaftung in der Straßenbahn Wind bekommen. Anschließend ging das Geschehene wie ein Lauffeuer durch alle Kanäle. Am Nachmittag dann berichtete Karl es Benno M., dem die Nachricht regelrecht wie ein Hammerschlag auf den Kopf traf. Eigentlich sollten Hans und Benno am Anfang der nächsten Woche den schon in allen Details vorbereiteten Überfall  auf einen Supermarkt  durchführen. Endlich einmal nämlich wollte Benno M. die Anzahlung für den Auftragsmord begleichen; doch ohne die langjährige kriminelle Erfahrung von Hans schien die Sache nun aussichtslos.
Das Glück hatte ihn wieder einmal im Stich gelassen. Am liebsten hätte er jetzt nur noch faul und träge in seinem Sessel vor dem Fernsehapparat gesessen; eben in seiner eigenen bevorzugten Welt. Völlig gepeinigt sah Benno M. schon das verärgerte und enttäuschte Gesicht von Karin vor sich, wenn er ihr vom letzten misslungenen Versuch berichten musste. Infolgedessen vermied er erst einmal  den Weg nach Hause. Stattdessen ging er mit Karl in die nächste Kneipe, um sich das verhasste Misslingen von der Leber zu  spülen.
Als Benno M. am folgenden frühen Nachmittag aus einem Alkoholrausch erwachte, lag  er zu seinem  Erstaunen im Wohnzimmer von Karl auf dessen Couch, worauf normalerweise der kastrierte Boxer zu übernachten pflegte. Vor ihm auf dem schweren Salontisch standen mehrere leere Bier-, Wein -und kleinere Schnapsflaschen und über dem verschmutzten Aschenbecher lag ein halber Joint. Im ganzen Zimmer roch es  nach muffiger und verbrauchter Luft. Schließlich wollte er zur Toilette, die er noch suchen musste; da ihm die Erinnerung daran fehlte. Während er beinahe über den schnarchenden Hund stolperte, kam auf einmal Karl geduscht und rasiert ins Wohnzimmer. Außerdem hielt er zwei Paar Handschuhe in der einen  Hand und rief entschlossen:
„ So Alter, … Komm, wir fahren jetzt nach Bremen, … gegessen wird an der Autobahn, … doch erst  einmal holen wir deine 9 mm Browning und dann klauen wir irgendwo ein Auto!“
„ Was ist denn  los?“ fragte Benno plötzlich verwirrt. Aber Karl schaute nur schmunzelnd in sein  sprachloses Gesicht und meinte dann stolz:
„ Tja, Alter, … du hast mir gestern im Suff alles erklärt und heute verpasse ich diesem Bruder von Karin  zwei Kugeln, …  und dann ist endlich wieder Ruhe im Puff, … Mensch, wozu hat man denn Freunde, … alles klar!“
Drei Stunden später saßen Benno und Karl, kurz vor Bremen, in einem weißen Citroen BX, zwar mit einer  imposanten Musikanlage versehen, dennoch ein Fahrzeug, womit der geübte Autofahrer noch nicht einmal geschenkt umher fahren würde. Inzwischen hielt Karl die 9 mm Pistole wiegend in der rechten Hand und bemerkte vorwurfsvoll:
„ Schade, … wirklich schade, dass wir das gute Stück danach wegschmeißen müssen!“
Kurz nach Fünf verließ der Bruder von Karin, wie erwartet, das Hauptgebäude der Wasserschutzpolizei  via einem Seiteneingang, welcher direkt auf den eigenen Parkplatz führte. Noch immer fettleibig und gekleidet in der üblichen Uniform schritt der Mann schwerfällig zu seinem Opel Vektra. Als er dann durchs Eingangstor hinaus fahren wollte, stoppte Karl ihn mit einer nach oben gerichtet weisende Handbewegung.  Und während der Bruder gerade neugierig die Scheibe hinunter kurbeln wollte, nahm Karl die Handfeuerwaffe aus der Plastiktüte und schoss augenblicklich durch die Fensterscheibe des Opels zweimal gezielt auf dem Kopf des Mannes. Danach suchte Karl das Weite. Ohne sich groß noch umzuschauen nahm er in aller Ruhe die Sonnenbrille und die Mütze vom Kopf und steckte beides zu der Pistole in die Plastiktüte. Anschließend stieg er in den in der Nähe geparkten Citroen BX und fuhr davon. Eigentlich sollte Benno M. mit laufendem  Motor das Ganze unterstützen, doch dem saß die Angst derart in allen Glieder, das von ihm rein gar nichts mehr zu erwarten war. Schließlich nahm Karl den sichtlich erleichterten Benno M. in der Nähe eines Autobahnzubringers wieder zu sich in den Wagen. Nicht viele konnten einem Mitmenschen das Leben nehmen. Jedenfalls machten sich nun beide auf dem Heimweg. Beim Abschied, nachdem der Citroen schon lange ausgebrannt und die  Schusswaffe und verschiedene Kleidungsstücke sich auf Nimmerwiedersehen in Luft aufgelöst hatten, erklärte Karl noch einmal eindringlich, das es wohl das Beste wäre, um einige Monate lang jeden persönlichen Kontakt zu meiden. Später fügte er noch hinzu, dass man unter allen Umständen nie und nimmer zusammen an jenem bewussten Tag in Bremen gewesen sei.
Einige Monate nach jenem tiefgreifenden und nervenraubenden Ereignis saß Benno wieder einmal faul und träge in seinem Ledersessel vor dem flimmernden und farbenfrohen Fernsehgerät und freute sich schon auf das nächste Pokalspiel der Bayern. Glücklicherweise hatte sich sein altbewährter Alltag langsam, aber sicher wieder eingerenkt. Während seine Frau nebenan wieder einmal vorsichtig die Spargeln schälte und sie die Geschichte mit dem Bruder scheinbar längst vergessen oder irgendwohin verdrängt hatte, waren für  Benno M. die ersten Wochen ein Schrecken ohne Ende gewesen. So hatte er kaum noch schlafen oder essen können, und selbst der gewöhnliche Stuhlgang glich einem Spießruten laufen. Jedes Mal, wenn da draußen auf der Straße vor seinem Haus ein Auto hörbar stoppte, verließen ihn sofort die Nerven und er erwartete tatsaechlich jeden Augenblick die Polizei an seiner Haustür. Doch die Beamten ließen sich einfach nicht blicken. Allmählich wurde es dann besser und manchmal hatte er das Ganze sogar tagelang vergessen.
Inzwischen folgten der Winter, die dazugehörige Kälte und der Schnee. Die Welt von Benno M. hatte sich erfreulicherweise wieder beruhigt. Wie ein gespenstisches heftiges Gewitter waren die dunkeln Schatten in seinem Alltag verflogen. Das Schwein in ihm konnte sich wieder nach Herzenslust austoben. Nach und nach kehrten die Ruhe und die so sehr von ihm ersehnte Langeweile zurück in sein geliebtes Wohnzimmer.